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FODN - 60/02/2015
GESCHICHTE
H
euer ist es, wie wir wissen, hun-
dert Jahre her, seit durch den
Kriegseintritt Italiens es letztend-
lich zur Zerreißung Tirols kam.
In zahlreichen Veranstaltungen wur-
de dieses Ereignisses gedacht. So auch
in der Gemeinde Kals am Großglock-
ner am 23. Mai diesen Jahres, wo nach
einer kirchlichen Gedenkfeier ein sehr
interessanter Informationsabend im
Johann-Stüdl-Saal stattfand. Als Veran-
stalter fungierten die Gemeinde und die
Schützenkompanie Kals. Die Schützen
waren es ja denen ein bedeutender Teil
der Last bei der Verteidigung von Tirols
Südgrenze zufiel, besonders in den ers-
ten Kriegswochen und –monaten.
Der aus Kals stammende Oberst-
leutnant Thomas Huter erläuterte an-
hand von Landkarten, Bildern und vier
Kurzfilmen das Kriegsgeschehen an
Tirols Südgrenze und vermittelte den
Zuhörern im vollen Saal eindrucksvoll
die Geschehnisse von damals. Durch
seine von genauer geografischer und
geschichtlicher Kenntnis getragenen
Ausführungen machten diesen Abend
zu einem spannenden Erlebnis.
Am Ende seiner Ausführungen lud er
alle Interessierten für den 20. Juni zu
einer Fahrt auf den Monte Piano, einen
der Brennpunkte des Kriegsgeschehens
in den heiß umkämpften Sextener Do-
lomiten, ein. Ca. drei Dutzend Kalser
folgten dann auch der Einladung.
Von Lienz übers Pustertal bis Toblach,
dann bogen wir links ab ins Höhlen-
steintal, vorbei an Festungswerken, die
den Italienern damals den Weg durchs
Tal nach Norden versperrten, bis hin auf
einen Parkplatz. Von dort wurden wir
mit Geländefahrzeugen in unmittelbare
Nähe des ehemaligen Kriegsschauplat-
zes gebracht. Bereits in Toblach erläu-
terte uns Oberleutnant Huter den Verlauf
der Front, die strategische Bedeutung
dieses Frontabschnittes und den Verlauf
der Kampfhandlungen. Die Unterbre-
chung der Pustertal Bahnstrecke war ja
ein Hauptziel der italienischen Angriffe,
dies konnte aber während des ganzen
Krieges nie erreicht werden.
Nach einem kurzen Gedenken in der
Kriegergedächtniskapelle stiegen wir
gemeinsam den Berg hinauf. Vorbei an
noch gut erkennbaren Laufgräbern, Ge-
schützstellungen, Kavernen und Unter-
ständen, aber auch fast fertigen Tunnels,
die für eine groß angelegte Sprengung
des Berges vorgesehen waren. Anhand
von detailliertem Karten- und Bildma-
terial erklärte uns Oberleutnant Huter
den Frontverlauf und erwies sich dabei
als äußerst kundiger Führer, sowohl
in geschichtlichen als auch in gelände-
kundlichen Fragen.
Die österreichischen Stellungen an
der nördlichen Seite des Monte Piano
waren dabei ungleich schwerer zu ver-
sorgen als die italienischen auf der süd-
lichen Seite.
Leider konnten wir die Besichtigun-
gen nicht zu Ende führen. Einfallender
Nebel und ein Schneesturm, wenn auch
nur von kurzer Dauer, verwandelten
den Monte Piano in eine Winterland-
schaft - und das einen Tag vor der
Sommersonnenwende. Dieser Schnee-
sturm im Sommer ließ bei manchen ein
kleinwenig Ahnung aufkommen, welch
unsägliche Opfer, Strapazen und Lei-
den die Verteidiger der Tiroler Heimat
auf sich genommen haben. Mangelnder
Nachschub, Hunger, Kälte, und unvor-
stellbare Schneemassen (besonders im
Eine Ausführung von Vinzenz Warscher zu den Feiern anläss-
lich des heurigen Gedenkjahres zum 1. Weltkrieg
Gedenkjahr 2015
Oberstleutnant Thomas Huter erläuterte den Verlauf der Front
Ca. drei Dutzend Kalser folgten der Einladung von Thomas Huter.