Im Schwurgerichtsaal in Innsbruck fand am Montag der Prozess gegen einen 38-jährigen Osttiroler statt, der gegen das Verbotsgesetz verstoßen haben soll. In einem einstündigen Eingangsplädoyer vermittelte die Staatsanwältin den Geschworenen ein Bild des Mannes, der im Herbst des vergangenen Jahres verhaftet worden war. Die Liste war lang: So wurde in von ihm genutzten Räumlichkeiten einschlägige Literatur gefunden, unter anderem ein Buch von Joseph Goebbels. Polizeibeamte entdeckten bei einer Hausdurchsuchung weiters eine Lebensrune auf der Taufkerze seines Kindes. Die Staatsanwältin untermauerte die Anklage mit Videos, auf denen der Angeklagte eine abgewandelte Form des Hitlergrußes zeigte. Weiters warf man ihm ein Treffen mit dem bekannten österreichischen Neonazi Gottfried Küssel und Kontakt zum deutschen Neonazi und verurteilten Mörder Hendrik Möbus vor. Laut Verfassungsschutz handelt es sich bei dem Osttiroler um einen "Hochrisiko-Gefährder", die Staatsanwältin führte auch die Vorstrafen des Osttirolers ins Treffen.
Es folgte ein einstündiges Plädoyer des Verteidigers, ehe der Angeklagte selbst eine mehr als eineinhalbstündige Rechtfertigung vortrug. Er bekannte sich als „nicht schuldig“. Die Berufsrichter und die Geschworenen versuchten am Nachmittag dann anhand von Fragen das Persönlichkeitsprofil des Osttirolers zu ergründen. Die Vorsitzende wollte wissen: „Wie finden Sie denn die Zeit damals?“ Der Angeklagte darauf: „Ich habe geschichtshistorisches Interesse.“ Sie wollte auch wissen: „Wie finden sie das, was Adolf Hitler und die NSDAP gemacht haben?“ Der Angeklagte: „Ich habe dazu keine persönliche Meinung.“ Er habe andere Sorgen – dass er im Gefängnis sitze und seine Familie nicht sehen könne.
Der Prozess war geprägt von langen Rechtfertigungsversuchen des Angeklagten. „Ich kenne das Gesetz. So gut und so genau, nicht dagegen zu verstoßen“, war die Kernaussage des – rhetorisch gefestigten – Mannes. Sprachnachrichten, die auf dem Handy des Angeklagten gefunden worden waren, vermittelten ein anderes Bild. Unter anderem verwendete er die Bezeichnung „Itzig“, eine abwertende Bezeichnung für Juden. Den Freund seiner Schwester bezeichnete er als „Untermensch“ – eine abwertende Bezeichnung aus der Nazi-Zeit. „Warum bewegen sie sich dermaßen massiv in diesem Grenzbereich?“, wollte einer der Berufsrichter schließlich wissen.
Ob er die Grenzen überschritten hatte oder nicht, entschieden die Geschworenen erst spät in der Nacht. Der Strafrahmen lag bei ein bis 20 Jahren. Das Urteil: Neun Jahre Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Verurteilte erbat Bedenkzeit.
Ungewöhnlich war auch, dass Kameraden des Osttirolers als Zuschauer im Schwurgerichtssaal waren. Einigen von ihnen begrüßte er in der Pause mit Handschlag. Ihre Anwesenheit war allerdings nicht unproblematisch. Die Geschworenen vernahmen, wie ein Mann der Gruppe Fotos von den Geschworenen gemacht haben soll.