

Herr Bezirkspolizeikom-
mandant Wolsegger, wie stark
sind die Kontrollen der Polizei
in Sillian? Wie viele Aufgriffe
gab es?
Wolsegger:
„Die Migrati-
onslage wurde und wird vom
Bez i rkspo l i ze i kommando
Lienz und der Polizeiinspektion
Sillian laufend genau beobach-
tet. In den Sommermonaten
stieg die Migrationslage mit 30
Aufgriffen im Juni, einer Ver-
flachung mit 21 im Juli und
einem neuerlichen Anstieg mit
31 illegal eingereisten fremden
Personen leicht an. Bei den po-
lizeilichen Kontrollmaßnahmen
war insbesondere auch festzu-
stellen, dass sich die mittler-
weile insgesamt 127 Aufgriffe
im gesamten Jahresverlauf auf
einige wenige Tage konzen-
trierten und nach wie vor kon-
zentrieren. Aus polizeilicher
Sicht ist die Migrationslage mit
September 2016 zwar nicht
gänzlich unauffällig, dyna-
misch ja, von Migrationsströ-
men kann aber keinesfalls ge-
sprochen werden.“
Das heißt?
Wolsegger:
„So liegt bei der
derzeitigen Lage, die sich aller-
dings rasch ändern kann, der
Polizei kein Auftrag des Bun-
desministerium für Inneres zur
Errichtung der vorbereiteten In-
frastruktur noch ein Zeitpunkt
zum Beginn der möglichen
Grenzkontrollen in Sillian-Arn-
bach vor. Bei der derzeitigen
Migrationslage erscheint dies
auch nach wie vor nicht erfor-
derlich. Allenfalls könnte sich
jetzt im September eine Ver-
dichtung der ‚Aufgriffstage’ ab-
zeichnen. So wurden etwa am 5.
und 6. September insgesamt 25
illegal eingereiste fremde Per-
sonen festgestellt, wobei diese
auf Basis der rechtlichen Nor-
mierungen freiwillig nach Ita-
lien ausreisten oder nach Italien
zurückgeschoben wurden. Asyl-
werber traten nicht auf.“
Kann die Polizei in Sillian
auf eine allfällige „Verdich-
tung“ entsprechend reagieren?
Wolsegger:
„Ja. Die Polizei
in Sillian ist gerüstet und kann
jederzeit mit entsprechender
Personalstärke (Unterstützung
aus dem Bezirk Lienz und in
weiterer Folge aus Nordtiroler
Bezirken) reagieren.“
Wo führte die Polizei heuer
die Kontrollen durch?
Wolsegger:
„Mit Unterstüt-
zung von weiteren Bezirkskräf-
ten entlang der Drautalbundes-
straße B 100 sowie in den
Zügen nach dem Grenzüber-
gang Italien-Österreich zwi-
schen Sillian und Lienz und
dies verstärkt – im Rahmen der
Schengener Ausgleichsmaß-
nahmen.“
Wie viele Aufgriffe gab es
von Jänner bis Mai?
Wolsegger:
„In diesem Zeit-
raum kam es ausschließlich zu
vereinzelten Aufgriffen – im Ge-
samten zu konkret 20 illegal ein-
gereisten fremden Personen.“
Landtagsklubobmann LA GR
Rudi Federspiel und Landespar-
teiobmann LA Markus Abwerz-
ger führten unlängst einen Lo-
kalaugenschein am Grenzüber-
gang Sillian/Winnebach durch.
Grund waren Meldungen der
Freien Liste Sillian wonach
Bürger zunehmend illegale
Grenzübertritte von Flüchtlingen
gemeldet hätten: „Mehrmals
kamen Bürger zu mir, die mir
von Personen berichteten, die zu
Fuß die Grenze überschritten
haben, Personen mit afrikani-
scher Herkunft“, erläutert der
Sillianer Gemeinderat Dominik
Schett, der hinzufügt: „Die Be-
wohner unserer Gemeinde
kontrolliert, wohl aber auf
italienischer Seite, wobei die
italienischen Beamten wohl kei-
nen Flüchtling an der Ausreise
hindern. Das ist ein Skandal.“
Er erinnert an die Forderung der
FPÖ alle Grenzübergänge nach
Italien zu kontrollieren: „Die
EU-Grenzschutzagentur Fron-
tex schlug bereits Ende Juni
dieses Jahres Alarm. Sie warnte
vor einer räumlichen Verlage-
rung der Flüchtlingskrise. Mitt-
lerweile kommen aus Libyen 13
bis 14 Mal mehr Migranten
nach Italien als aus der Türkei
nach Griechenland. Der An-
sturm wird kommen, und Öster-
reich ist nicht gerüstet, denn
Bundesminister Sebastian Kurz
hat sich ja erst am 5. September
gegen Grenzkontrollen am
Brenner via Twitter, ausgespro-
chen. Somit sieht man klar, dass
die Bundes- und die Landesre-
gierung den Ernst der Lage
nicht erkennt“, konkretisiert
Federspiel und fordert wieder-
holt Kontrollen an allen Grenz-
übergängen.
Die Freie Liste Sillian
schlägt Alarm: „Grenz-
übergänge wie Sillian wer-
den auf österreichischer
Seite nicht kontrolliert.
Somit melden Bürger tag-
täglich illegale Grenzüber-
tritte von Flüchtlingen.“
CHRONIK
4
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2016
Bezirkspolizeikommandant
Silvester Wolsegger.
Neue Asyl-
Notverordnung
Die österreichische Regie-
rung einigte sich am 6. Sep-
tember auf den Entwurf einer
Asyl-Notverordnung. Im Text
wird beschrieben, warum die
öffentliche Ordnung und innere
Sicherheit Österreichs aufgrund
der hohen Zahl an Flüchtlingen
gefährdet sei. Die Kriminalität
sei gestiegen, Versorungskapa-
zitäten für Flüchtlinge seien
knapp, der Arbeitsmarkt bereits
belastet, Engpässe im Gesund-
heitssystem, im Schulbereich,
am Wohnungsmarkt würden
drohen und zudem gebe es eine
„außerordentlich hohe Bela-
stung“ für das Budget, argu-
mentiert die Regierung. Ob die
Notverordnung vor oder bei Er-
reichung der „Obergrenze“ von
37.500 Asylanträgen in Kraft
treten soll, darüber ist die Re-
gierung noch uneins.
Wenn die Verordnung in Kraft
tritt, werden Asylanträge an
Österreichs Grenzen nicht mehr
möglich sein (außer in Ausnah-
mefällen). Bis Ende Juli wurden
28.765 Asylanträge in Öster-
reich eingereicht. Im gleichen
Zeitraum des Vorjahres wurden
um rund 8.500 mehr Anträge
registriert. Laut UNHCR-Daten
sind die Ankünfte nach Öster-
reich – verglichen mit den Zah-
len bis Feber – konstant niedrig.
Täglich illegale Grenzübertritte
„Lage kann sich
rasch ändern“
Interview mit dem Osttiroler Polizeichef Silvester
Wolsegger zum Thema „Illegale Grenzübertritte
von Flüchtlingen am Grenzübergang Sillian“.
Landtagsklubobmann
LA GR Rudi Federspiel und
Landesparteiobmann
LA Markus Abwerzger vor
dem unkontrollierten Grenz-
übergang Sillian.
Foto: FPÖ
haben große Angst vor dem dro-
henden Ansturm.“
„Werden nicht gehindert“
Für Federspiel ist dieser Zu-
stand nicht länger tragbar: „Auf
österreichischer Seite wird nicht