Knecht, der Anfang der 1940er-Jahre täg-
lich ins Kino kam, um einen Film öfters zu
sehen. Eines Tages kam er zur Kinobesit-
zerin und meinte, als er einen Film wie-
derholt sah:
„Heute gingen die Fiadalen
(Heufuhren) viel schneller als gestern!“
Frau Brugger erinnert sich auch an den
Tischler Jörg Dinkinger (Hausmetzger, er
starb ledig in den 1960er-Jahren in Kals
und wurde auch dort begraben), der in den
1930er-Jahre in den Pausen im Kartenvor-
verkaufsraum beim Kekse- und Getränke-
ausgeben mithalf. Einmal schenkte er noch
vor der Pause alle Bierkrügel voll, die
dann natürlich keinen Schaum mehr hat-
ten. Seine lakonische Antwort auf die
Rüge der Chefin:
„Sonst wäre ich nicht
rechtzeitig fertig geworden!“
14
Frau Burgi Rossi war im Kino Wanner
als Kassiererin angestellt und machte nach
Kassaschluss auch Saaldienst. Sie erinnert
sich, dass Mitte der 1970er-Jahre eine Frau
aus dem Iseltal sonntags um 14 Uhr regel-
mäßig kam um sich die Heimatfilme anzu-
sehen. In einem Ganghofer-Film kämpfte
ein Jäger mit einemWilderer, bis der Pfar-
rer, gespielt von Siegfried Rauch, den Streit
schlichtete. Diese Frau stand plötzlich auf
und rief laut:
„Wie kann so ein schöner
Mann Pfarrer werden?“
Diese Szene wie-
derholte sich an mehreren Sonntagen!
15
Der GendarmAlbuin Birschl (geb. 1941)
führte im Kino Wanner als beauftragter
Gendarmeriebeamter Kontrollen zur
Einhaltung des Jugendschutzgesetzes (da-
mals ab 18 Jahre) durch. Als eine Dame
den Kinosaal betreten wollte, die ihm ver-
dächtig jung schien, hielt er sie mit der Be-
merkung zurück:
„Du hast keinen Busen,
brauchst mir deinen Ausweis gar nicht zu
zeigen und geh‘ wieder nach Hause!“
Sie
zeigte ihm – zwar unter Protest – ihren
Ausweis. Pech für den Gendarm: Sie war
20 Jahre alt. Der Gendarm bekam einen
roten Kopf, von nun an verließ er sich auch
OSTTIROLER
NUMMER 7-8/2018
8
HEIMATBLÄTTER
CineX (ab 1989)
Im Jahre 1989 errichtete die Familie
Rossbacher an Stelle des Alten Rathauses
am Johannesplatz ein Geschäftsgebäude mit
zwei Kinosälen in dessen Keller. Damit be-
gann auch ein neues Zeitalter in der Ost-
tiroler Kinogeschichte. Statt der Holz-
klappsessel gab es rote, gepolsterte Stühle
und anstelle der 35 mm-Filme DVD‘s.
Damit entfiel der lästige Rollenwechsel
nach 20 Minuten Spieldauer; es gab keine
gerissenen und auch keine „verregneten“
Filme mehr, da selbst bei längerer Spielzeit
bei den DVD‘s keine Abnützung festzustel-
len ist. Die Arbeit des Vorführers war da-
durch sehr erleichtert und es war auch keine
einschlägige Prüfung mehr erforderlich.
Im Jahre 2002 eröffnete die Familie
Rossbacher das CineX am Südtiroler Platz
mit vier Kinosälen für insgesamt 600 Be-
sucher. Es ist dem Geschick von Frau Bri-
gitte Rossbacher zuzuschreiben, dass durch
das Vorführen auch anspruchsvoller Filme
diese vier Säle oft ausverkauft sind. So
spielte der Film „Bei Tag und bei Nacht“
über den Oberdrauburger Landarzt Dr.
Martin Guttner mit Alexander Vittorio
Papsch-Musikar als Kameramann über
sechs Wochen in vollem Saal. Frau Brigitte
Rossbacher gelingt es auch, etliche Film-
premieren mit erheblichemAufwand nach
Lienz zu bringen. Sie plant bekanntlich ein
weiteres Kino unter dem Südtiroler Platz in
Zusammenhang mit der neuen Tiefgarage.
Während in den 1960er- und auch An-
fang der 1990er-Jahre das große Kinoster-
ben eingesetzt hat, erkennt man bereits seit
geraumer Zeit einen Aufwärtstrend. Nach
einem Höchststand von 56 Kinos im Bun-
desland Tirol war 1976 mit nur mehr 30
Kinos wohl der Tiefstand erreicht. Beson-
ders mit der Einführung der mehrsäligen
Kinos wie etwa die Multiplexkinos in den
Großstädten erhöht sich österreichweit
jährlich wieder ihre Zahl.
Anekdoten und heitere Begeben-
heiten rund um die Kinos
Maria, die Mutter von Hans Linder, war
vielen älteren Lienzern wegen ihrer
schroffen Art bekannt, die ihr 1941 sogar
ein Klageschreiben vom Stadtinspektor
Anton Brugger an den Lienzer Landrat
einbrachte, welcher den Vorwurf der Be-
leidigung von Amtspersonen mit einem
wörtlichen Zitat von Frau Linder unter-
mauerte:
„... und hat Frau Linder an der weiteren
Verhandlung teilgenommen, welche sich
über den von mir eingenommenen Stand-
punkt maßlos ereiferte und im schreienden
Tone sich äußerte, das ihr seitens der Stadt
Lienz schon seit jeher nur immer Prügel
zwischen die Füße geworfen wurden und
dass den seinerzeitigen Mann (gemeint
war Bürgermeister Henggi) nun endlich
der Teufel geholt habe, während auch den
anderen (gemeint war Stadtinspektor
Brugger) noch der Teufel holen wird, was
ganz recht sei, da man von diesen schwar-
zen Hunden immer nur Schwierigkeiten
habe, doch werde sie ihr Recht schon an
einer anderen Stelle suchen …“
13
Die Mutter von Theresia Brugger geb.
Hinteregger war Besitzerin des ersten Ma-
treier Kinos. Thresl erinnert sich an einen
bei busenlosen Frauen sicherheitshalber
auf den Ausweis.
16
Lilly Papsch betrat bereits im Dunkeln
die Vorführung eines prädikatisierten
Films. Nach zehn Minuten rief der Bille-
teur Alfred Ebenberger als Saalaufpasser
beimAutor als damaligen Vorführer übers
Haustelefon an mit der Meldung:
„Ich
weiß nicht ob das einen Sinn macht, wenn
du noch weiter vorführst, im Saal sitzt
nämlich nur eine Person, und das ist deine
Frau und gezahlt hat sie auch nichts.“
So-
fort wurden die Projektoren abgeschaltet
und Lilly Papsch kam um 20 Uhr wieder
bei mehr Publikum.
Eine köstliche Begebenheit beschrieb der
Redakteur der „Tiroler Tageszeitung“, der
verstorbene Gottfried Rainer, am 8. April
1978 nieder unter der Überschrift „Käfer
statt Kurven“.
Anmerkungen:
1
Meinrad P
IZZININI
, Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz
1984, S. 436.
2
Telefonat mit Frau Ingeborg Forcher, Lienz, am 23. Jän-
ner und 10. Juli 2018.
3
Gespräch mit Frau Elisabeth Aigner, Lienz, am 19. Jän-
ner 2018 in ihrem Eigenheim.
4
Gerda W
INKLER
, Kino in Lienz. Aspekte der Kinokultur
der fünfziger Jahre in der Tiroler Peripherie, MS, Dipl.-
Arbeit, Innsbruck 2002.
5
Das Mütterlein war strenger als die Polizei. Interview
von Frau Gerda Winkler mit Hans Linder am 14. März
2001. – W
INKLER
, Kino in Lienz (wie Anmerkung 4),
S. 14.
6
„Und du gehst nach Hause!“, Interview mit Hans Linder
am 14. März 2001. – W
INKLER
, Kino in Lienz (wie An-
merkung 4), S. 14.
7
L.R., Vom Streben einer alten Bürgerfamilie, in: Volks-
zeitung. Tageszeitung für Kärnten, Jg. 1948, Nr. 134,
S. 5.
8
Gespräch mit Tobias Trost im Kino Matrei am 3. No-
vember 2017.
9
Maria H
UBER
-W
ANNER
, Als in Sillian das Filmzeitalter
Einzug hielt. „Grenzlichtspiele Sillian“, in: EinBLICK.
Juni 2008, S. 19-22.
10
Telefonat mit Herrn Josef Franz am 23. Oktober 2017.
11
Gespräch mit Frau Annunziata Ortner am 25. März 2018
beim Autor.
12
Telefonat mit Herrn Hans Oberbichler am 3. Feber 2018
und mit Herrn Michael Kern von der Bild- und Film-
stelle Tirol am 23. Juli 2018.
13
Archiv des Bauamtes der Stadtgemeinde Lienz, Bauan-
gelegenheiten Linder, Schweizergasse; Stadtamt Lieb-
burg.
14
Telefonat mit Frau Theresia Brugger am 9. Juli 2018.
15
Telefonat mit Frau Burgi Rossi am 9. Juli 2018.
16
Gespräch mit Herrn Albuin Birschl am 19. Oktober 2017
beim Autor.
Der Dank des Autors geht an Frau
Mag. Dr. Gerda Winkler, Frau Maria
Huber-Wanner von Sillian, Herrn Georg
Ranacher von der Marktgemeinde Matrei
i. O. und Herrn Michael Kern von der
Bild- und Filmstelle Tirol für die Zurver-
fügungstellung ihrer Unterlagen, weiters
an die 26 Zeitzeugen, die er befragen
durfte und die ihm in mehreren Gesprä-
chen interessante Details zur Kinoge-
schichte erzählten, sowie an den Leiter
des TAP, Herrn Dr. Martin Kofler, mit sei-
nen Mitarbeiterinnen für die fachliche
Beratung und Digitalisierung der Fotos.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Dipl.-
Ing. Siegfried Papsch, Bründlangerweg 2,
A-9900 Lienz; E-Mail:
s.papsch@gmx.atManuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail:
meinrad.pizzinini@chello.atKuriose Glosse, einen Kinobesuch betref-
fend, verfasst von Gottfried Rainer, abge-
druckt in der Tiroler Tageszeitung vom
8. April 1978.
Foto: Siegfried Papsch