OSTTIROLER
NUMMER 7-8/2018
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HEIMATBLÄTTER
Peripherie“
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erfahren wir weitere Einzel-
heiten:
„Ignaz Linder hatte vor seinem Tod das
Kino im Jahre 1920 seinem Sohn Anton
übertragen. Dieser hatte den Betrieb über
spannungsreiche Jahre hindurch geführt
(1920 bis 1958), was angesichts der wech-
selnden politischen Umstände mit erheb-
lichen Schwierigkeiten verbunden war. In
Kriegsjahren abwesend, übernahm Anton
Linders Frau Maria die geschäftliche Lei-
tung des Betriebes. Sie war bis kurz vor
ihrem Tod (1953) am Kinoalltag beteiligt.
Als ältere Dame an der Kasse dürfte sie
den jugendlichen Kinogängern von damals
gleichzeitig als Autoritätsperson und Sit-
tenwächterin in lebhafter Erinnerung
sein, denn Herr Hans Linder wurde
manchmal noch unter Schmunzeln auf
seine Mutter hin angesprochen: ‚s‘ Miet-
terle wor strenger wia die Polizei ...‘
5
. Man
erzählt sich dann, wie sie manch engli-
schen Besatzungssoldaten brüskierte, der
sich mit einem einheimischen Mädchen im
Kino eingefunden hatte, indem sie von ihm
das Eintrittsgeld kassierte, seiner Beglei-
tung jedoch den Zugang verweigerte und
sie schroff nach Hause verwies (… und du
geasch haam!‘)
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. Die Klagenfurter Volks-
zeitung schrieb Folgendes über sie: ‚Auf
jeden Fall ist der Kinobetrieb eine aufre-
gende Tätigkeit, sodaß Frau Linder, welche
die Agenden ihres Mannes vortrefflich lei-
tet, trotz ihrer beruhigenden Rundlichkeit
eine abgehetzte, manchmal etwas aufge-
regte Geschäftsfrau ist.‘
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Hans Linder, Sohn von Anton, wurde
1928 geboren und wuchs in die Welt des
Films hinein. Als er noch ein junger Bub
war, wurde er in Notsituationen schon mit
dem Vorführen der Filme beauftragt.
Nach dem Abschluss der Handelsschule
praktizierte er in einem auswärtigen
Kino, um mit 21 Jahren
[zusammen mit
seinem Bruder Ignaz – Anm. des Autors]
die Prüfung zum Filmvorführer ablegen zu
können. Seit Ende des Jahres 1950 arbei-
tete er wieder im elterlichen Betrieb, den
er nach dem Tod seines Vaters 1958 offi-
ziell übernahm und bis 1973 weiterführen
konnte. Eine komplette Modernisierung
des Kinos wurde 1955 in den Sommermo-
naten durchgeführt: Die früher vier Meter
breite Leinwand wurde auf zwölf Meter er-
weitert, war verstellbar und auf Vorfüh-
rungen von Dreidimensional-Filmen (Ci-
nema-Scope) eingestellt. Während Ignaz
Linder in seinem ersten Kinosaal noch
durch Versprühen von Duftspray nach
jeder Vorstellung gegen die schlechte Luft
ankämpfte, wurde nun durch den Einbau
einer Klimaanlage das Lüftungsproblem
restlos gelöst. Durch den Ankauf von ca.
200 qm Grund war eine wesentliche Vor-
aussetzung für die Vergrößerung gegeben
und die Sitzplatzanzahl konnte um weitere
Programmvorschau für das „Zentral-Kino
Lienz“ im Gasthof „Alte Post“ und das
neue „Stadt-Kino Lienz“ in der Schweizer-
gasse, abgedruckt in der Lienzer Zeitung
von 6. August 1912.
Foto: Siegfried Papsch
Mehrfach abgedrucktes Inserat des am
1. Jänner 1912 eröffneten Stadt-Kinos von
Ignaz Linder.
Foto: Meinrad Pizzinini
Eingang zum „STADT-KINO-THEATER“ und „LINDER‘S GASTHOF“, Schweizergasse
Nr. 3, mit Kino-Gründer Ignaz Linder (rechts) und seinem Sohn Anton; Aufnahme von 1918.
(TAP – Sammlung Irene Linder)
Fotograf unbekannt