OSTTIROLER
NUMMER 7-8/2018
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HEIMATBLÄTTER
zwei 35 mm-Vorführmaschinen, z. B. in
der Iselsberger Wacht von 1955 bis 1957,
in Obertilliach im Hotel Edelweiß, in den
1960er-Jahren in Thal, Gasthof Aue, sowie
im Gemeindesaal von Assling und im Kal-
ser Gemeindehaus mit eigener Vorführka-
bine von 1957 bis 1966 Filme vorführte.
Als in Kals der Film „Die Försterliesl“ mit
Anita Gutwell, Lotte Ledl, Maria Mende,
Rudolf Lenz, Rudolf Carl und Paul Hub-
schmid gedreht wurde, bekam die im Dorf
ansässige „Gemischtwarenhandlung Gra-
ser“ den Auftrag des Caterings, bei dem
Vittorio Scilla, Gatte der Geschäftsinhabe-
rin Olga Scilla, und deren Tochter Annun-
ziata maßgeblich mithalfen. Sie und ihre
jüngere Schwester Lilly durften dann auch
eine kurze Statistenrolle übernehmen. Da
dieser Film unter „Jugendverbot“ lief, war
es den Kindern offiziell untersagt, ihn zu
sehen. Die nette Billeteurin aber schmug-
gelte sie in den Saal, als es dort schon dun-
kel war, der Film bereits begonnen hatte
und daher keine Gefahr der strengen Kon-
trolle durch die Gendarmen mehr bestand.
Die Spannung war groß, auch wenn die be-
treffende Sequenz im Endeffekt nur ein
paar Sekunden dauerte.
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Als Vorführer dieser 35 mm-Filme
agierte in den 1960er-Jahren Karl Ploner.
Er war mit einem Kastenbus der Landes-
filmstelle unterwegs.
In den 1970er-Jahren übernahm Franz
Oberhuber bis 1977 diese Funktion und
danach Hans Oberbichler bis zu seiner
Funktion als Bürgermeister von Dölsach
im Jahre 1982. Herr Oberbichler wurde
von Wilfried Primus, einem Techniker der
Landesfilmstelle, eingeschult und führte
prädikatisierte Filme vor im Pfarrsaal von
Prägraten, in Kals a. G, in Hopfgarten, in
St. Veit, in St. Jakob in einer eigenen Ka-
bine, in Kartitsch und Obertilliach, jeweils
in den Hauptsaisonen im Sommer und im
Winter bis zu sieben Mal in der Woche.
Vorgeführt wurden Normal- und Breit-
wandfilme. Die Zuständigkeit lag bei der
Tiroler Landesbild- und Filmstelle in Inns-
bruck unter dem im Jahre 2010 verstorbe-
nen Dr. Ludwig Sölder, der über viele
Jahre deren Leitung innehatte und der von
1961 bis 1995 das Bildstellenwesen ent-
scheidend geprägt hat. Das Wanderkino
tourt auch heute noch unter dem Namen
„CineMobil“ auf Anforderung durch die
Gemeinden und Schulen Tirols, allerdings
nicht mehr mit den aufwändigen Filmpro-
jektoren, sondern mit Beamer.
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Wanner-Kino, Lienz (2. März 1959
bis 30. September 1991)
Aufgrund der Stagnierung des Holzhan-
dels entschlossen sich die Geschwister
Wanner ihr Sägewerk an der Amlacher
Straße abzutragen und an dieser Stelle ein
Kino mit 550 Sitzplätzen zu errichten. Es
wurde von der Architektengemeinschaft
Buchrainer und Gruber geplant und nach
nur achtmonatiger Bauzeit am 2. März
1959 mit dem Film „Verdammt in alle
Ewigkeit“ eröffnet. Der „Osttiroler Bote“
beschrieb das Kino in seiner Ausgabe Nr.
13/1959 vom 26. März 1959 wie folgt:
„Seine besonderen Eigenarten sind: die
ovale Form, die dem Saal eine vergrößerte,
dabei aber doch nicht schwere Raumwir-
kung gibt, der stark ansteigende Boden zur
Hälfte sogar Überhöhung in Stufenform,
wodurch von allen Plätzen eine ungestörte
Sicht auch bei langen ‚Vordermännern‘
gegeben ist, die ‚aufgehängte‘ Decke, hin-
ter der sich die indirekte Beleuchtung ver-
birgt, der Eingang unter der Leinwand.
Das Zentrum der lichtvollen Eingangs-
halle mit ihrer Glaswand nach Süden bil-
det die Kassa. Frei mitten im Raum steht
die ‚Glasvitrine‘, zu der es keine ‚Hinter-
türchen‘ gibt. Ein Buffet im Hintergrund,
ein Wintergarten mit belebendem Grün
gegen die Straße erhöhen Gemütlichkeit
und Gediegenheit des Eingangs- und War-
teraums.“
Vorgeführt wurden Normal-, Breit-
wand- und Cinemascopefilme im 35 mm-
Format. Um eine Unterbrechung der Vor-
führung am Ende einer 600 m Filmrolle
nach ca. 20 Minuten zu vermeiden, wur-
den abwechselnd zwei Projektoren ver-
wendet. Anfangs erfolgte die Lichterzeu-
gung in den Projektoren mittels zweier
Kohlen, sogenannte HI (Hochintensitäts-)
Kohlen, die durch das Zusammenführen
einen Lichtbogen erzeugten. In den
1980er-Jahren wurde diese Lichtquelle
durch die Xenonlampe ersetzt. Der Ton
war auf diesen Filmen draufprojiziert und
wurde von einer Tonlampe abgenommen.
Eine Vorstellung begann mit der Wer-
bung mit Dias, Werbefilmen und der „Aus-
Kino Wanner, geplant von den Lienzer Architekten Buchrainer und Gruber, eröffnet am
2. März 1959; Aufnahme um 1965.
Foto: Siegfried Papsch
Der Autor Siegfried Papsch an der Vorführmaschine im Kino Wan-
ner, 1964.
Foto: Lilly Papsch
Ankündigung bei jugendverbotenen Filmen in der Außenvitrine
des Kino Wanner, um 1965.
Foto: Siegfried Papsch