Die Geschichte des
Kino – Kurzwort für
„Kinematographie“ –
beginnt am 28. Dezem-
ber 1895 im Grand Café
in Paris, wo die Brüder
Auguste und Louis Lu-
mière den ersten Spiel-
film vorführten. Als Ki-
nematograph bezeich-
nete man Apparate der
Lumière-Gesellschaft,
die Filmkamera, Ko-
piergerät und Projektor
in einem waren. Bereits
ein Jahr später, im No-
vember 1896, fand in
Innsbruck im Kleinen
Stadtsaal die erste Kino-
vorführung in Tirol statt.
In Lienz scheint sich
im Mai 1903 ein Kine-
matograph aufgehalten
zu haben, der mit einer
eigenen elektrischen
Anlage – Lienz hatte da-
mals ja noch kein E-Werk – „lebende Bil-
der“ zeigte. Er gastierte im Saal von Tho-
mas Huber (Alpenraute) in der Rosengasse.
1907 und dann seit 1909 bereicherten
immer wieder durchziehende Kinemato-
graphen-Theater in verschiedenen Gast-
häusern das Unterhaltungsangebot.
Zentral-Kinematograph im Schwarzen
Adler (August 1911 bis 1927)
Der erste „einheimische“ Kinemato-
graph etablierte sich mit 19. August 1911
in den Lokalitäten des Herrn Josef Gru-
binger im Gasthaus zum Schwarzen Adler
(„Alte Post“) als Zentral-Kinematograph.
1
Laut Lienzer Zeitung vom 23. Dezember
1911 stellte dieses Kino im Gasthof zum
Schwarzen Adler in Lienz („Alte Post“)
aufgrund des mit 1. Jänner 1912 eröffneten
Kinos von Ignaz Linder in der Lienzer
Schweizergasse mit diesem Tag seinen Be-
trieb ein, allerdings nur vorübergehend,
denn am 6. August 1912 teilte die Lienzer
Zeitung mit:
„Nach mehrmonatiger Pause eröffnete
der Gasthofbesitzer Grubinger wieder mit
konnte, das Theater
„Der Spion“ sah. Ihr
Vater Gabriel hat als
Mitglied des Gesellen-
vereins in diesem Saal
sogar die Hauptrolle
im „Tiroler Freiheits-
kampf“ gespielt. Sie be-
suchte fast alle Vorstel-
lungen, in denen ihr
Vater mitspielte.
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Frau
Elisabeth Aigner (geb.
1924) sah in diesem
Saal die Theaterauffüh-
rung „Siegfried“ aus
der Nibelungen-Sage.
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Nach dem Krieg
wurde dieser Saal von
der Familie Lugger als
Auktionsraum (Verstei-
gerungssaal) wieder
aufgebaut. Heute wird
ein Teil dieses Saales
als Küche für das „Ad-
lerstüberl“ genützt.
Stadtkino Linder in Lienz
(1. Jänner 1912 bis 9. August 1973)
Am 1. Jänner 1912 eröffnete der Gast-
hof- und Hofbesitzer Ignaz Linder, bekannt
als Erbauer der 1884 eröffneten Linder-
Hütte am Spitzkofel, sein Stadtkino in der
Schweizergasse 3. Im 15. Jahrhundert be-
herbergte dieses Haus die deutsche Schule
der Stadt Lienz. Am 18. Juni 1897 erhielt er
die Baugenehmigung für den Umbau des
Futterhauses in ein Tanzlokal und im Jahre
1910 zu einem Kinosaal. Anfangs waren
die Filme noch ohne Ton und wurden daher
mit einem elektrischen Klavier begleitet,
das heute noch im Besitz der Erben ist.
Im Jahre 1928 erfolgte ein gründlicher
Umbau mit 376 Holzklappsesseln in 20
Reihen mit je 16 bis 20 Sitzplätzen, da-
hinter drei Logen und ein Balkon mit 52
Klappsesseln. Die Lienzerin Emmi Ruef
begleitete die Stummfilme am Klavier. Am
17. Oktober 1931 kam der erste Tonfilm
zur Aufführung.
Aus der Diplomarbeit von Gerda Winkler
über „Kino in Lienz. Aspekte der Kino-
kultur der fünfziger Jahre in der Tiroler
NUMMER 7-8/2018
86. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Siegfried Papsch
Die Geschichte des Kinos in Osttirol
„KINEMAT(OGRAPH)“ beim „Gasthof zum schwarzen Adler (alte Post)“ in
Lienz; Ansichtskarte im Verlag Josef Grubinger, Lienz, 1912.
(Sammlung Ute Pizzinini, Völs)
Fotograf unbekannt
Samstag den 3. ds. M. sein Zentral-Kino bei
nahezu ausverkauftem Hause. In den Zwi-
schenpausen unterhielten das Jodler-Duet-
tisten-Paar Hans-Mirgl und der vortreffliche
Bauchredner Rudolf Sixl die anwesenden
Gäste. Die Bilder fanden beifällige Auf-
nahme. Auch am Sonntag erwies das Pro-
gramm seine Zugkraft. … Wir haben nun
zwei Kinos und es bedarf nur mehr einer
großen Anzahl von Kinofreunden, damit
sich diese teuren und regiereichen Unter-
nehmungen auch halten können. Gute und
schöne Filme kosten viel Geld und deshalb
soll auch das Publikum die Unternehmer
durch zahlreichen Besuch in die Lage set-
zen, Gutes und Schönes zu bringen.“
Vermutlich erst mit dem Verkauf dieses
Hauses im Jahre 1927 an Frau Filomena
Lugger wurde dieses Kino eingestellt und
der Saal nur mehr für Theateraufführungen
bis zur Bombardierung im Jahre 1945 ge-
nutzt.
Frau Ingeborg Forcher (geb. 1929) erin-
nert sich, dass sie im Jahre 1934 vomVor-
führraum aus, den man vom 1. Stock des
Hauses über ein paar Stufen erreichen