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mann ließ nicht nach bis alles kurz und

klein war, gestern haben die Italiener 3

Sturmangriffe gemacht, dieselben haben je-

denfalls nicht gedacht, dass unsere Bayern

im Schützengraben lagen, haben dieselben

bis an unseren Drahtverhaue rankommen

lassen und dann gab‘s Saures, gib Ihm, 4

Kompanien vernichtet 20 Mann gefangen

genommen, und dabei waren es nur 2

starke Züge von den Bayern, die Artillerie

von den Italienern hat heute nachgelassen

mit der Schießerei. Wir liegen hier mit den

Pferden im Feuerbereich ein Dorf hinter

uns haben sie schon zerschossen. Vielleicht

lassen sie uns zufrieden, jeden Moment

müssen wir uns gefasst machen dass sie

uns ausräuchern, dann ist [es] auch vorbei

mit uns, wer dann mit heiler Haut davon

kommt, kann auch sagen ich habe Glück

gehabt.“

12

Bei dem Dorf hinter der Stel-

lung der Batterie handelt es sich mit aller

Wahrscheinlichkeit um Sexten, welches

Anfang August 1915 durch italienische Ar-

tillerie in Brand geschossen wurde. Die

Zerstörung Sextens ist auch bei anderen

Männern ein Thema. Karl Lindinger war

mit dem 1. Bataillon des Infanterie-Leib-

regiments Anfang Juli nach Sexten ge-

kommen. In seinem Tagebuch beschreibt er

die Ereignisse der ersten Augusttage. Am

1. August ist vermerkt

„1 Kranate

[sic!]

in

die Post 9 Mann tot, woh

[sic!]

ich selbst

in der Nähe standt

[sic!]

.“

und weiter

„[Am] 7. Muste

[sic!]

die ganze Ortschaft

von Zivilbevölkerung geräumt werden.“

Schließlich schreibt er:

„[Am] 12. schoßen

die Italiener Sexten in Brand. Ich mußte

wieder ausziehen und kam nach Innichen

in die Paraken

[sic!]

.“

13

Auch Hauptmann

Carl Rose, der bereits erwähnte Batterie-

führer, schreibt in einem Brief:

„Das war

mal wieder der Krieg in seiner ganzen Ver-

nichtungswut. Das schöne Sexten, sonst um

diese Zeit das Ziel vieler Tausender, jetzt

ein öder Trümmerhaufen, aus dem noch

immer aus der verlöschenden Glut die

Flammen aufzüngeln.“

14

Von den schwierigen Bedingungen, mit

welchen die deutschen Flieger der Feld-

Fliegerabteilung 9 in den Bergen zu kämp-

fen hatten, haben sich ebenfalls schriftliche

Berichte erhalten. So kommt der Führer

der Abteilung, Oberleutnant Hailer, in sei-

nem Julibericht zu der Einschätzung:

„Die

Witterungsverhältnisse im Monat Juli

waren für die Fliegeraufklärung außer-

ordentlich ungünstig. Regen und Sturm,

Wolken und Morgennebel schlossen an den

meisten Tagen jede Flugtätigkeit aus und

so konnten im Ganzen wieder nur 30

Flüge ausgeführt werden. Bei einer Lan-

dung nach mehrstündigem Fluge hatte

Leutnant März derart erstarrte Glieder,

daß er die Steuer nicht mehr bedienen

konnte, sodaß die Maschine völlig zer-

trümmert wurde. Führer und Beobachter

blieben unverletzt.“

15

Hailer beschreibt

nicht nur den geringen Nutzen, den die

Abteilung aufgrund der schlechten Witte-

rung für die Feindaufklärung bringen

konnte, sondern auch die schwierigen Um-

stände für die Piloten, die das Fliegen im

Hochgebirge stark beeinflussten.

Von besonderem Interesse ist letztend-

lich jedoch auch die Meinung der deut-

schen Soldaten über den österreichisch-

ters nach Innichen zur Munitions-Kolonne,

dann bringe ich immer mir Butter [mit] die

allerdings sehr teuer ist kostet 2 Kronen 75

Heller nun darauf sieht man ja jetzt nicht,

die Hauptsache ist ja, dass man es be-

kommt, dann Kuchen, Eier, Cocad

[sic!

Cognac],

Schokolade, Wurst, Schmalz

zum Kartoffel braten also hier bekommt

man alles, aber wie schon gesagt sehr sehr

teuer.“

9

Wie so oft war das Nahrungsmit-

telangebot in der Etappe jedoch ein we-

sentlich Besseres als in den Höhenstellun-

gen, wovon auch der Kanonier Grinstein

am 14. Juli 1915 berichtet:

„Ihr könnt mir

ein Paketchen schicken mit getrockneten

Waldbeeren, die sind ja gut gegen Leib-

schmerzen. Wir kochen allerhand Fraß zu-

sammen was einem selbst nicht schmeckt

dann hat man öfters Leibschmerzen. Wie

z. B. kochen wir öfters Maismehl in Was-

ser, was zu Hause die Schweine nicht fres-

sen, auf italienisch ,Pulenta‘

[sic!]

.“

10

Dass anderen „deutschen Mägen“ die Po-

lenta wohl nicht bekommen war, erwähnt

auch Karl Bux. Er zeigte sich sichtlich er-

OSTTIROLER

NUMMER 3-4/2016

5

HEIMATBLÄTTER

Kanonier der Garde-Fußartillerie Batterie

101 nach Tirol. Am 30. Mai notiert er auf

der Fahrt dorthin:

„Hier die Gegend ist

was herrliches. So was habt ihr noch nie

gesehen

[…]

. Die Berge sind oft so hoch,

das

[sic!]

man gar nicht bis oben hin sehen

kann durch die Wolken und auf den Bergen

liegt noch viel Schnee. Ich kann euch gar

nicht alles schildern wie das eigentlich

aussieht hier. Die Leute kann man verste-

hen denn die sprechen auch Deutsch

[…]

.“

7

Die Vegetation des Hochgebirges bot für

viele Männer oftmals etwas noch nie Ge-

sehenes. Karl Bux, der mit der Garde-Fuß-

artillerie Batterie 101 auf dem Dürrenstein

in Stellung lag, erwähnt hierzu:

„Wir stie-

gen mit drei Kameraden zum Edelweiß-

pflücken hinauf zur Postmeisteralm. Tief

unten sahen wir die Feuerstellung und das

Hotel Dürrenstein liegen. Wir betraten

eine Almhütte, in der wir einen Hirten an-

trafen. Recht wortkarg lud er uns auf eine

Schale Milch ein. Wir boten ihm Tabak und

von unserem Kommissbrot. Als wir bezah-

len wollten, lehnte er mit den Worten ab:

,Es war nur a Ehr, an Preußen zu bewir-

ten.‘ Dann zeigte er uns die Edelweiß-

plätze, wo wir auch mehrere der sehr sel-

tenen großen Exemplare fanden.“

8

Andere Männer wiederum schwärmten

vom guten Leben und der Nahrungsviel-

falt, die sich ihnen in Tirol bot. Sergeant

Bernhard Wolter, der aus der Nähe von

Thorn in Westpreußen stammte und mit

der preußischen Fußartillerie-Batterie 102

in Moos bei Sexten zum Einsatz kam, be-

richtet seiner Schwester in einem Brief

vom 6. August 1915:

[…]

und dann

geht‘s zum Kaffeetrinken, nun du wirst

auch so sagen, wohl nur ein Stück Komiss-

schinken, dann denkst du aber diesmal

falsch liebes Schwesterlein, wir sind hier

im schönen Lande Tirol hier kannst du für

Geld alles haben es

[sic!]

heißt wenn du

genügend von dem Zeug hast, ich muss öf-

leichtert, als deutsche Köche die Verpfle-

gung der Männer übernahmen. Er schreibt

darüber:

„Hier wurde dann auch unser

gutes deutsches Kommissbrot von der in-

zwischen eingelangten bayerischen Abtei-

lung gebacken. Das Polentabrot hatte un-

sere Mägen allmählich mehrfach herum-

gedreht.“

11

Auch die Kampfhandlungen spielen in

den Schilderungen der Männer eine Rolle.

Auch darüber berichtet Sergeant Wolter

ausführlich an seine Schwester:

„Am 29.

Juli hatten wir einen Volltreffer in der Bat-

terie bekommen, 7 Mann schwer verwun-

det von einem Geschütz, war die ganze Be-

dienung, nun wir haben uns aber schon ge-

rächt dafür, wir haben vor einigen Tagen

ein großes Lager von den Italienern be-

schossen dann bekamen wir vom österrei-

chischen General den Befehl, wir sollten

aufhören mit schießen, aber unser Haupt-

Männer der preußischen Fußartillerie-Batterie 102 vor ihrem Geschützstand in Moos bei

Sexten.