Previous Page  5 / 8 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 5 / 8 Next Page
Page Background

OSTTIROLER

NUMMER 11-12/2018

5

HEIMATBLÄTTER

Gerne schwammen wir alle vier zusammen

über den See, voraus meine Frau, an deren

Seite tummelten sich rechts und links die

Buben und ich bildete die Nachhut

.“

23

Dass die in den Jahren 1924/1925 er-

richtete Kriegergedächtniskapelle in Lienz

hohe Wellen schlug, war auch Erich

Kneußl bewusst. In seiner beruflichen

Funktion wurde er in viele Gemeinden zu

Einweihungsveranstaltungen von Kriegs-

gedächtnisdenkmälern geladen. In Lienz

stellte die Ausgestaltung durch den Künst-

ler Albin Egger-Lienz aber ein politisches

und moralisches Problem dar:

24

„Alle

diese Feierlichkeiten wurden von der an-

lässlich der Enthüllung des Bezirkskrie-

gerdenkmals in Lienz am 7. und 8. Sep-

tember 1924

[die Einweihungsfeierlich-

keiten fanden im Jahr 1925 statt! Anm.]

stattgefundene in den Schatten gestellt.

Das Denkmal und die Enthüllungsfeier-

lichkeiten waren beispielgebend für ganz

Tirol, ja für Österreich. Die Arkaden des

alten Pfarrfriedhofes in Lienz wurden zu

einem einzig dastehenden Denkmal, in

dem alle imWeltkrieg gefallenen Osttiroler

auf Tonplatten angeschrieben wurden, aus-

gestaltet. In der Mitte wurde eine Kapelle

erbaut und mit Bildern vom Kunstmaler

Albin Egger-Lienz, einem Osttiroler, aus-

geschmückt. Damit wurden die künstle-

risch wertvollen Arkaden vor dem Verfall

gerettet und gleichzeitig ein auch histo-

risch wertvolles Denkmal geschaffen.

Einzelne, sehr naturalistisch gehaltene Bil-

der in der Kapelle fanden freilich bei der

Bevölkerung keinen besonderen Beifall.

Auch ich möchte mich nicht ganz von die-

sen Bevölkerungskreisen ausschließen,

wenn ich auch gewiß die in den Bildern

liegende Wuchtigkeit und Herbheit aner-

kenne und sie der Süßlichkeit des 19. Jahr-

hunderts vorziehe. Ein Bild, die Auferste-

hung Christi, erregte damals das Miss-

fallen hoher kirchlicher Kreise in Rom, so

dass durch viele Jahre hindurch die ge-

weihte Kapelle nicht zum Zelebrieren be-

nutzt werden durfte.“

25

Auch das gesellschaftliche Leben wäh-

rend seiner Zeit in Lienz ließ Kneußl

Revue passieren: „

1923 war die Instand-

setzung und Ergänzung unserer im Kriege

schwer beschädigten Einrichtung so ziem-

lich abgeschlossen, so dass wir bequem

und standesgemäß wohnen konnten. Zur

Feier dieses Umstandes luden wir am Fa-

schingssonntag unsere guten Bekannten zu

einem Hausball ein, der in den drei neu-

gemalten und größtenteils neueingerichte-

ten Südzimmern unserer Wohnung, dem

Herrenzimmer, dem Speisezimmer und

dem Kinderzimmer, stattfand. Der Ball, an

dem bei 30 Personen teilnahmen, gelang

ausgezeichnet und bildete noch lange das

Stadtgespräch von Lienz, war es doch seit

der Ära der gräflichen Bezirkshauptleute

in den Neunzigerjahren des vorigen Jahr-

hunderts wieder der erste Ball gewesen,

der in der Lieburg

[!]

stattfand. Vom ele-

ganten Schwarz der Herren hoben sich die

schi-cken, bunten Ballkleider der Damen

und die Uniformen der Offiziere der neuen

Wehrmacht und besonders die schmucke

Kaiserschützenuniform, in der Oberst

Busch erschienen war, ab. Im Speisezim-

mer hatte meine Frau ein reichliches Buf-

fet guter Sachen aufgebaut. Erst gegen

Morgen verließen uns unsere Gäste.“

26

Bezirkshauptmann Dr. Erich Kneußl an seinem Schreibtisch in der

Liebburg. Das Mobiliar und diverse Einrichtungsgegenstände befinden

sich heute noch in Familienbesitz.

Die Familie Kneußl im Jänner 1927 im Speisezimmer ihrer Wohnung

in der Liebburg; von links: Werner, Lydia, ein Dienstmädchen, Erich,

Edith, eine unbekannte Person, Kurt.

Der Garten hinter der Liebburg diente der Familie Kneußl nicht nur als beliebtes Fotomotiv, sondern auch als Nutzgarten und Spiel-

paradies für die Kinder. Im Foto (links), im März 1926 aufgenommen, sind (von links) das Dienstmädchen, Kurt, Erich, Lydia mit Edith und

Werner zu sehen. Den Garten gibt es heute nicht mehr, an seiner Stelle befindet sich der „Europaplatz“ mit dem Kaiser Josef-Denkmal.