Von Karl Brunner
Vor 60 Jahren begann eine neue Ära in der verkehrstechnischen Erschließung des Lesachtals. 1964 war die Radegundbrücke zwischen St. Lorenzen und Wiesen im Lesachtal fertiggestellt. Das war ein Meilenstein in der Verkehrsgeschichte des Tales und darüber hinaus.
Die Brücke, die den tiefen Radegundgraben überspannt ist mit ihrem besonderen Konstruktionskonzept ein Meisterwerk moderner Bautechnik, sie hat eine Länge von 218 m und einen Bogen von 300 m Halbmesser. Das damals neu gebaute Straßenstück samt Großbrücke betrug rund einen Kilometer. Die gesamte Baudurchführung lag in den Händen des Bauunternehmens Montana Bauges.m.b.H. (Innsbruck, Zweigniederlassung Oberdrauburg), federführend waren hier Ing. Ferdinand Krobath – er war Leiter der Zweigniederlassung und ist vor der Fertigstellung der Brücke verstorben – und Baumeister Ing. Hans Maier. Am Baugeschehen waren auch viele Bauarbeiter aus dem Tal und aus der Region aktiv beschäftigt. U.a. war auch Ing. Friedrich Wurzer aus St. Lorenzen als Bautechniker, angestellt bei der Firma Montana, im Einsatz. Er war als Bauleiter tätig und für Vermessungsarbeiten, die höchste Präzision verlangten, sowie für Abrechnungen verantwortlich. „Dies hat ihm auch immer wieder schlaflose Nächte bereitet“, erinnert sich sein Sohn Armin, der damals als kleiner Bub immer wieder einmal eine Jause für seinen Vater zum Baubüro tragen durfte, was im Winter auch etwas beschwerlich war. Die Bauzeit der Brücke begann im April 1962, die Fertigstellung war im September 1964. Die feierliche Eröffnung bzw. Verkehrsübergabe erfolgte am 4. Oktober 1964 mit einem Festprogramm, wozu Kärntens Straßenbaureferent LHStv. Ing. Thomas Truppe eingeladen hatte.
Nach der Zusammenkunft an der Brücke und einer Feldmesse folgten die Begrüßung von Josef Wurzer, Bürgermeister von St. Lorenzen, weiters eine Ansprache von Straßenbaureferent LH-Stv. Truppe; technische Erläuterungen gab Oberbaurat DI Hans Katholnig. Der Lesachtaler Heimatdichter und Chronist Thomas Tiefenbacher aus Maria Luggau gab einen historischen Abriss zum Tal bzw. Radegundgraben (Kirchlein St. Radegund). Die feierliche Verkehrsübergabe der Brücke nahm Sektionschef DI Alois Seidl (vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau) im Beisein zahlreicher Menschen aus dem Tal, aus Oberkärnten und Osttirol sowie vieler Vertreter des Landes, der Gemeinden, des Bauwesens und der Firmen vor. Manfred Wurzer (St. Lorenzen) und Katharina Wurzer (Wiesen) trugen Gedichte vor. Die Musikkapellen aus St. Lorenzen, Liesing und Maria Luggau umrahmten das Fest. Die kirchliche Segnung nahm Domkapitular DDr. Bugelnig vor, mit dabei auch die Pfarrer Krainer und Granig. Die Brücke faszinierte. Viele sprachen damals aufgrund ihrer Größe und Form von der „kleinen Europabrücke“ (die Europabrücke am Brenner war nur ein Jahr vorher, 1963, eingeweiht worden).
Die Radegundbrücke war dann der Start für weitere große Brückenprojekte im Lesachtal und vieler ganz wesentlicher Verbesserungen der schmalen, kurvenreichen Straße, um diese - die einzige Straße durchs Tal - breiter und sicherer zu machen. Besondere Vorsicht für Autofahrer war stets geboten, besonders in schneereichen Wintern. Die Straße war geländebedingt seit jeher ein Sorgenkind und eine Dauerbaustelle und mit ihren vielen Engstellen gibt es nach wie vor Verbesserungsbedarf, zumal nach Unwettern, sind öfters auch „Reparaturarbeiten“ notwendig. Enorme Summen wurden und werden seither investiert, erwähnt seien hier - neben den großen Brückenbauten (Hacklgraben, Mattlinggraben, Podlaniggraben, Mühlgraben bei Birnbaum, Stampfgraben bei St. Jakob) und unzähligen Baumaßnahmen - aus der letzten Zeit nur der aufwendige Neubau des Straßenabschnittes in Promeggen (nach der Abrutschung), die neue Brücke in Oberring und die kürzlich erfolgte Verbreiterung der Straße in Stoffanell (Maria Luggau).