OSTTIROLER
NUMMER 2/2018
4
HEIMATBLÄTTER
Karantanenmission, und das Salzburger Diö-
zesangebiet konnte über den Alpenhaupt-
kamm bis an die Drau ausgedehnt werden.
Als eigentliche Förderer der Slawenmis-
sion galten die Bayernherzöge aus dem
Haus der Agilolfinger. Unter ihnen waren
wichtige Persönlichkeiten wie Theodo,
Hugbert, Odilo und Tassilo III.
32
Sie nah-
men sich des riesigen Missionsgebietes bis
hin zu den Awaren im Osten und den Sla-
wen im Südosten an. Das Herzogtum von
Tassilo III. erstreckte sich seit Odilo auch
über die Slawen in Karantanien. Dort
machte das Christentum bereits gute Fort-
schritte. Das Salzburger Missionswerk ist
als äußerst gefestigt zu beurteilen. Auch die
Ansprüche des Patriarchates von Aquileia
von Süden her, zu dessen Missionssprengel
Karantanien, das Gebiet des römischen
Binnennoricum, ursprünglich gehört hatte,
konnten das Werk nicht gefährden.
33
Die berühmteste Klostergründung Herzog
Tassilos III. ist Kremsmünster im Jahre 777.
Wie bereits erwähnt, wurde mit der slawi-
schen Landnahme des Lienzer Raumes und
der Iselregion im siebten Jahrhundert das
Ende des Bischofssitzes Aguntum und der
kirchlichen Organisation begründet. In der
Folge entstand eine Grenzsituation in der
„Region östliches Pustertal“.
34
Politisch
wurde sie durch Herzog Tassilo III. und das
nachfolgende Frankenreich, welches die
Völker der Slawen und Bayern einte, über-
wunden. Die neue Missionierung für die
„Region östliches Pustertal“ ging nun nicht
mehr nur von Aquileia aus, wie es in spät-
römischer Zeit der Fall war. An der Missio-
nierung waren ebenso das Bistum Salzburg
und das Bistum Säben-Brixen beteiligt.
Das slawische Karantanien geriet im ach-
ten Jahrhundert unter die Kontrolle der Baiu-
waren und wurde dem Herzogtum Bayern
einverleibt. Es erfolgte damit eine Sicher-
stellung der baiuwarischen Kolonisation,
ebenfalls konnte sich nun auch das Chris-
tentum – das die Slawen noch nicht akzep-
tierten – zu entfalten beginnen. Die Baiuwa-
ren kamen also als Träger des Christentums
und Siedler in die „Region östliches Puster-
tal“. Im Hochpustertal stiftete Odilos Sohn,
Herzog Tassilo III., im Jahr 769 das Bene-
diktinerkoster zum Hl. Candidus.
35
Abt Atto
von Scharnitz erhielt einen großen Land-
strich um Innichen. Ziel dieser Klostergrün-
dung war die Bekehrung der heidnischen
Slawen im Drautal. Diese Gründung spricht
dafür, dass die übrige Bevölkerung bereits
christlich war. In diesem Kontext wird die
Urkunde zitiert, die als eine der ältesten im
deutschen Sprachraum gilt. Die Übersetzung
in die neuhochdeutsche Sprache lautet:
„Darum habe ich [Tassilo] mit eigener
Hand, so gut ich es konnte, den Anfang der
Buchstaben bei dieser Schrift in Gegenwart
meiner Richter und der Vornehmsten nach-
gebildet. Wir haben auch vernommen, daß
die dortige Gegend von altersher öde und
unbewohnt sei. Deshalb habe ich sein Ver-
langen [des Atto] und seine demütige Bitte
erhört, und wegen des ungläubigen Volkes
der Slawen, damit es auf den Weg der Wahr-
heit geführt werde, diese Schenkung unter
Beiziehung gegenwärtiger Zeugen frohen
Sinnes vollzogen, auf daß, wie ich immer
vermute, nicht irgend jemand von meinen
Erben oder Miterben oder wer immer die-
sem Schenkungsbrief entgegenhandle oder
ihn entkräfte und sich dadurch den Zorn
Gottes und aller Heiligen zuziehe.“
36
Die Mönche des Klosters hatten die Auf-
gabe der Hilfeleistung bei der Kultivierung
des Bodens. Hauptaufgabe war jedoch, die
Slawen mit dem christlichen Glauben ver-
traut zu machen.
In der Zeit der Völkerwanderung kam es
zu vielen Turbulenzen. Das Eindringen der
Slawen und Baiuwaren veränderte die kirch-
lichen Verhältnisse und die politischen
Grenzlagen erneut. Die Baiuwarenmission
und die Karantanenmission sind wichtige
Voraussetzungen für die Christianisierung
der „Region östliches Pustertal“. Informati-
onsquelle zur Karantanenmission ist die
„Conversio Bagoariorum et Karantanorum“,
die jedoch historisch-kritisch zu analysieren
ist, da sie ausschließlich von den positiven
Tätigkeiten Virgils und von seinem Bistum
Salzburg berichtet. Neben dem Klerus gilt
als eigentlicher Förderer der christlichen
Mission das bayerische Herzogsgeschlecht
der Agilolfinger. Genannt wird Herzog Tas-
silo III., der das Benediktinerkloster zum
Heiligen Candidus errichtete, damit die dort
lebenden Slawen zum christlichen Glauben
bekehrt werden konnten. Das Benediktiner-
kloster war ein wichtiger Stützpunkt für die
Gebiete „Region östliches Pustertal“, Ober-
kärnten, RaumWörthersee und Krain. In den
„Freisinger Denkmälern“ gibt es sogar Hin-
weise auf die Missionstätigkeit. Berichtet
wird auch von einem Missionar namens
Candidus, der in dieser Gegend tätig war.
Mit der Gründung des Benediktinerklosters
zum Heiligen Candidus ist der wichtigste
Schritt zur Missionierung der „Region öst-
liches Pustertal“ getan.
* * *
* Diese Arbeit ist ein Auszug der Diplom-
arbeit der Autorin: „Mittelalterliche Ge-
schichte in der Region östliches Pustertal.
Die christliche Mission, die durch geistliche
und weltliche Mächte getragen wurde und
das Leben der Menschen und die Umwelt
beeinflusste und prägte.“ Diplomarbeit zur
Erlangung des Magistergrades an der Kul-
tur- und Gesellschaftswissenschaftlichen
Fakultät der Paris Lodron-Universität
Salzburg, Salzburg 2015.
Anmerkungen:
1
Vergleiche Gudrun G
LEBA
, Klöster und Orden im Mit-
telalter, in: Kai B
RODERSEN
u. a. (Hgg.), Geschichte kom-
pakt, Darmstadt 2011, S. 11.
2
Meinrad P
IZZININI
, Der Bezirk Lienz. Seine Kunstwerke,
historischen Lebens- und Siedlungsformen (Öster-
reichische Kunstmonographie Bd. VII), Salzburg 1974,
S. 13.
3
Josef W
ODKA
, Kirche in Österreich. Wegweiser durch
ihre Geschichte, Wien 1959, S. 17.
4
Vgl. W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 18.
5
P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm. 2), S. 261.
6
Arnold A
NGENENDT
, Das Frühmittelalter. Die abendlän-
dische Christenheit von 400 bis 900, 3. Aufl., Stuttgart-
Berlin-Köln 2001, S. 116.
7
Vgl. Erich Z
ÖLLNER
/Therese S
CHÜSSEL
, Das Werden
Österreichs. Ein Arbeitsbuch für österreichische Ge-
schichte, Wien 1985, S. 29.
8
Für den folgenden Abschnitt siehe vor allem Franz
O
RTNER
, Das Erzbistum Salzburg in seiner Geschichte.
Frühe Zeit Severin, Rupert und Virgil, Teil I, in: Editions Du
Signe (Hrsg.), Das Erzbistum Salzburg, Strasbourg 1994, S.
25f.; A
NGENENDT
, Frühmittelalter (wie Anm. 6), S. 116.
9
Vgl. Z
ÖLLNER
/S
CHÜSSEL
, Werden Österreichs (wie
Anm.7), S. 29.
10
A
NGENENDT
, Frühmittelalter (wie Anm. 6), S. 235.
11
A
NGENENDT
, Frühmittelalter (wie Anm. 6), S. S. 235.
12
Zum folgenden Abschnitt siehe besonders A
NGENENDT
,
Frühmittelalter (wie Anm. 6), S. 235; Z
ÖLLNER
/S
CHÜS
-
SEL
, Werden Österreichs (wie Anm. 7), S. 30.
13
Wilfried B
EIMROHR
, Die Geschichte Osttirols im Mittel-
alter und in der Neuzeit, in: Bezirkskunde Osttirol, hrsg.
vom Katholischen Tiroler Lehrerverein, Innsbruck-
Bozen 2001, S. 28-35, hier S. 28.
14
Josef G
ELMI
, Kirchengeschichte Tirols, Innsbruck-Wien
1986, S. 13.
15
Vgl. B
EIMROHR
, Geschichte Osttirols (wie Anm. 13),
S. 28.
16
P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm. 2), S. 261.
17
Vgl. W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 14.
18
Elisabeth W
ALDE
, Die Römerzeit in Osttirol, in: Be-
zirkskunde Osttirol, hrsg. vom Katholischen Tiroler Leh-
rerverein, Innsbruck-Bozen 2001, S. 17-27, hier S. 21.
19
Vgl. W
ALDE
, Römerzeit (wie Anm. 18), S. 21.
20
Wilhelm A
LZINGER
, Aguntum und Lavant. Führer durch
die römerzeitlichen Ruinen Osttirols, 3. Aufl., Wien
1974, S. 18.
21
W
ALDE
, Römerzeit (wie Anm. 18), S. 26.
22
P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm. 2), S. 261.
23
Franz G
ATTERER
, Nußdorf-Debant, in: Bezirkskunde Ost-
tirol, hrsg. vom Katholischen Tiroler Lehrerverein, Inns-
bruck-Bozen 2001, S. 300-304, hier S. 301.
24
Vgl. P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm. 2), S. 275, 278.
25
Vgl. P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm.2), S. 13.
26
Zu diesemAbschnitt siehe W
ODKA
, Kirche in Österreich
(wie Anm.3), S. 21.
27
G
ELMI
, Kirchengeschichte Tirols (wie Anm. 14), S. 15.
28
W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 33.
29
Für den ganzen kurzen Abschnitt siehe O
RTNER
, Erzbis-
tum Salzburg (wie Anm. 8), S. 38.
30
W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 36.
31
W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 35.
32
W
ODKA
, Kirche in Österreich (wie Anm. 3), S. 31;
Harald Z
IMMERMANN
, Das Mittelalter. Von den Kreuz-
zügen bis zum Beginn der großen Entdeckungsfahrten, I.
Teil, Braunschweig 1979, S. 117.
33
O
RTNER
, Erzbistum Salzburg (wie Anm. 8), S. 39.
34
B
EIMROHR
, Geschichte Osttirols (wie Anm. 13), S. 28.
35
G
ELMI
, Kirchengeschichte Tirols (wie Anm.14), S. 16.
36
Älteste Urkunde für das Benediktinerkloster Innichen,
zitiert nach G
ELMI
, Kirchengeschichte Tirols (wie Anm.
14), S. 33
.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift der Autorin dieser Nummer:
Mag. phil. Manju Anita Weber, Iselsberg 156,
A-9992 Iselsberg-Stronach;
E-Mail:
ManjuAnita.Weber@stud.sbg.ac.atManuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad
Pizzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2 a;
E-Mail:
meinrad.pizzinini@chello.atBlick auf die
Altstadt von
Salzburg und
die Festung
Hohensalz-
burg. Diese
Stadt mit dem
Sitz eines
(Erz-)Bischofs
war wichtiger
Ausgangs-
punkt der
Karantanen-
mission im
frühen
Mittelalter.
Foto: Manju
Anita Weber