OSTTIROLER
NUMMER 2/2018
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HEIMATBLÄTTER
auch dann nicht völlig die Bedeutung, denn
es konnte eine wieder einsetzende Bautätig-
keit im Bereich der abgebrannten früh-
christlichen Kirche unterhalb der heutigen
Pfarrkirche St. Ulrich belegt werden.
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Mit
der slawischen Landnahme im siebten
Jahrhundert im Lienzer Raum und in der
Iselregion war das Ende der kirchlichen
Organisation und des damit verbundenen
Bischofssitzes von Aguntum besiegelt. Die
Slawen eroberten den Lienzer Raum und die
Iselregion mit ihren Seitentälern. Pizzinini
bemerkt, dass die Landnahme eher friedlich
erfolgte.
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Die Besiedelung des Gebietes
nach dem Ende der römischen Herrschaft
durch die Slawen wird bezeugt durch die
verschiedenen Hof- und Flurnamen, die
meist auf „-itz“, „-igg“ und „-ach“ enden.
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Eine politische Umschichtung erfolgte
beispielsweise im Raum Matrei in Osttirol
nach der Schlacht der Baiuwaren gegen
die Slawen (um 610). Letztere nahmen
dann die Iselregion mit ihren Seitentälern
in Besitz. Aus dem Slawischen stammte
der Name Prägraten
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und bedeutet „Vor-
der-Burg“. Der Name „Pregad“ taucht im
Jahre 1162 in einer Urkunde auf. Sämt-
liche Flurnamen weisen auch in St. Jakob in
Defereggen auf die slawische Landnahme
nach der Schlacht mit den Baiuwaren hin.
Um 610 bildeten sich Grenzen von poli-
tischen Territorien im Lienzer Becken
heraus.
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Zum Herzogtum Bayern gehörte
das Pustertal. Zum Herzogtum Kärnten
zählte das Gebiet östlich der Lienzer
Klause mitsamt dem Iseltal. Der Bischofs-
sitz Aguntum-Lavant war in der zweiten
Hälfte des sechsten Jahrhunderts bereits
für immer untergegangen.
Baiuwarenmission
Zum chronologischen Überblick und
besseren Verständnis werden drei Perioden
des Christianisierungprozesses in Öster-
reich beschrieben:
Zur Römerzeit gab es ein frühentwickel-
tes Christentum in den Donau- und Alpen-
ländern. Gekennzeichnet ist dieser frühe
Keim durch die Heiligengestalten Florian
und Severin. Diese beiden Heiligen-Per-
sönlichkeiten stellen Anfang und Ende des
altrömischen Christentums für Österreich
dar.
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Eine weitere Periode, nämlich die
zweite der Christianisierung, wird als
„Neue Aussaat“ bezeichnet. Das Land er-
fuhr in der Völkerwanderungszeit starke
Umbrüche. Durch den Abzug der römischen
Bevölkerung schien es, dass damit auch das
Christentum seine Stütze verloren hätte.
Selbst wenn man mit der Kontinuität der
Siedlungen auch die Kontinuität des Chris-
tentums annimmt, wurde die kirchliche
Organisation stark geschädigt. Die Wohn-
sitze der Germanenstämme wurden von den
Baiuwaren eingenommen, die noch Heiden
waren. Ebenfalls waren die Slawen Heiden,
die – von Osten kommend – vor und ge-
meinsam mit den Awaren, ebenfalls Heiden,
das Donauland im Osten besetzten und in
die Alpentäler hineinfluteten. Die verarmte
christliche Bevölkerung konnte jedoch
gegen diese starken Eroberer nur wenig aus-
richten. Somit war die Missionstätigkeits-
möglichkeit von innen heraus gering.
Nun war nur mehr der Anstoß von
außen eine Möglichkeit für die Missions-
tätigkeit und dieser kam vomWesten. Dort
fungierte das Frankenreich als politisches
Machtzentrum. Noch dazu war es seit
jeher christlich geprägt. Bereits im sechs-
ten Jahrhundert hatte es mit der Eroberung
des Ostens begonnen und konnte mit Er-
folg die Herrschaft in das bayerische
Alpenvorland und sogar ins binnennori-
sche Drautal ausdehnen.
In diesem Kontext der Missionsge-
schichte sind auch die irischen Wander-
mönche zu erwähnen.
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Sie gelangten
gegen Ende des sechsten Jahrhunderts nach
Europa. Sie missionierten dort den gesam-
ten Westen des Kontinents. Der Heilige Ko-
lumban (gest. 615) ragte unter ihnen hervor.
Er gründete unter anderem um 590 das
Kloster Luxeuil am Rande der Vogesen.
Seine Schüler sicherten dann die Fortset-
zung des Missionswerkes. Die zweite
Phase der bayerischen Mission wurde von
ihnen eingeleitet und von den Bischöfen
Emmeram, Korbinian und Rupert getragen.
Bischof Virgil von Salzburg und die
Karantanenmission
Einer der Nachfolger von Bischof Rupert
(Bischof von Salzburg) war Bischof Virgil
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,
der aus einem südirischen Kloster kam. Im
Jahr 743 gelangte er in die Pfalz des Haus-
meiers und späteren fränkischen Königs Pip-
pin. Nach dessen Sieg über die Bayern 745
wurde Virgil zu Herzog Odilo gesandt. Der
Geistliche erlangte hohes Ansehen bei Pip-
pin und verschaffte sich eine führende Stelle
in der bayerischen Kirche. Dann wurde
Virgil 747 das Bistum Salzburg durch den
bayerischen Herzog Odilo übertragen. Mit
Virgil trat eine große und fähige Persön-
lichkeit in Erscheinung. Außerdem agierte
der Bischof auch im Einklang mit dem Sohn
und Nachfolger Odilos, Herzog Tassilo III.
Das Land der Karantanen wird Karanta-
nien genannt. Es erstreckte sich über das
heutige Kärnten, den Großteil der Steier-
mark und auf die Region des östlichen Pus-
tertales.
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In Karantanien bestand seit dem
7. Jahrhundert ein slawisches Fürstentum,
dessen Zentrum nahe der früheren Römer-
stadt Virunum auf dem Zollfeld nördlich
von Klagenfurt gelegen war. Noch vor dem
Jahr 743 bat der Slawenfürst Boruth Her-
zog Odilo um Hilfe gegen die Awaren. Der
Fürst erkannte im Gegenzug die bayerische
Schutzhoheit an. Die Awaren wurden be-
siegt. Die Karantanen gerieten nun in ein
Abhängigkeitsverhältnis zu den Baiuwaren.
Dies war ein idealer Boden, auf dem der
Christianisierungsprozess in Karantanien
beginnen konnte. Politik und Religion ver-
mochten nun geschickt ihre Fäden zu spin-
nen und sich Geltung zu verschaffen.
Wie kamen nun die Slawen zum christ-
lichen Glauben und wie konnte sich dieser
Glaube im Volk festsetzen? Mit der Unter-
werfung der Karantanen durch Herzog Tas-
silo III. im Jahr 772 wurde die Kontinuität
des Christentums bei den Alpenslawen auf
Dauer gesichert.
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Karantanien wurde chris-
tianisiert und nach dem bereits erwähnten
Sieg von Herzog Tassilo III. im Jahr 772 an
Bayern angegliedert. Das bayerische Herr-
schergeschlecht der Agilolfinger errichtete
in der „Virgil-Zeit“ zahlreiche Klöster. Die
erste Gründung Herzog Odilos war das
Kloster Mondsee im Jahre 748. Er stattete
es mit reichem Besitz aus. Die ersten Mön-
che kamen aus Monte Cassino. Durch den
Siegeszug von Herzog Tassilo III. konnten
nun Klöster in den neuen Gebieten errichtet
und eine institutionelle Basis zur Glau-
bensverbreitung geschaffen werden.
Mit der Inangriffnahme der Missions-
arbeit durch die Salzburger Kirche bei den
Alpenslawen erwarb sich Virgil das größte
Verdienst und damit erklärt sich der Bei-
name „Apostel von Kärnten“.
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Er leitete die
Die vom Bayernherzog Tas-
silo III. ausgestellte Grün-
dungsurkunde für das Be-
nediktinerkloster Innichen
aus dem Jahr 769 in einer
Abschrift aus den Jahren
um 800 (Ausschnitt). Darin
wird auf die benachbarten
Slawen Bezug genommen:
Das Innichner Territorium
reiche vom Taistner Bach
bis zu den Grenzen der Sla-
wen, das ist das Bächlein
vom Anraser Berg – „a ri-
vulo quae vocatur Tesido
usq(ue) ad terminos scla-
voru(m) id est ad rivolu(m)
montis Anarasi“
(Zeile 12 bis 14).
(Orig. und Repr.
München, Bayerisches
Hauptstaatsarchiv)
Die romanische Stiftskirche von Innichen,
einst religiöses und kulturelles Zentrum im
Pustertal.
Foto: Meinrad Pizzinini