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OSTTIROLER

NUMMER 12/2016

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HEIMATBLÄTTER

Alte Frau, Kohlezeichnung, 1987.

Foto: Foto Baptist, Sillian

Badende, Aquarell, 1988.

Foto: Foto Baptist, Sillian

er immerhin vier Stunden Zeit. Die

Herausforderungen des Porträts

zeichneten Kollreider am ganzen

Körper: Aufgeregtheit und An-

strengungsschweiß, aber kaum be-

rührte der Pinsel die Leinwand,

war alles weg. In seiner Konzen-

tration färbten sich sogar seine

roten Haare am weißen Kittel ab.

Ausstellungen folgten, 1948 bis

1950 in Schloss Bruck, 1953 in

Dortmund, wo ihm der 1. Preis mit

der Ehrennadel des deutschen

Bergbaus zufiel, 1956 in der Öster-

reichischen Staatsdruckerei in

Wien. Wien, Innsbruck und Lienz

werden in den darauffolgenden

Jahren immer wieder zu Schau-

plätzen seiner Werkschauen.

Was Kollreider aus seinem Auf-

enthalt in Deutschland mitbrachte,

war die Kunst des Graffito, mit der

er einige öffentliche Bauten, Kir-

chen und Privathäuser in Osttirol

überzog. Zu den gelungensten

Kompositionen zählt die Mantel-

teilung des Martin am „Pfarrju-

gendheim“ von St. Andrä (Patrias-

dorfer Straße 7), die er 1955 schuf.

1969 entstand nicht nur der Kreuz-

weg von St. Oswald, sondern auch

das Graffito „Der Auferstandene“

an der Kriegerkapelle von Gschnitz

in Nordtirol. Auch Fassadenmale-

reien führte Kollreider aus, wie z. B. das

Fresko „Guter Hirte“ am Turm der Drei-

faltigkeitskirche von Strassen (1979). Je-

doch fühlte er sich im kleineren Format

glücklicher, letztlich auch freier. Trotzdem

wird es die Sorge der Zukunft sein, we-

nigstens einige zu erhalten. Es sind Zeug-

nisse des Einbrechens der Moderne in Ost-

tirol. Viel Verständnis wurde in den 50er-

und 60er-Jahren dem Künstler nicht ent-

gegengebracht.

Zum integrativen Bestandteil seiner Vita

werden unzählige Reisen, die ihn in zahl-

dies Programm und Verpflichtung, zumal

er bei der Ausgestaltung der ersten Kapelle

im Heimathaus des Heiligen in Ojes/Abtei

1978 (drei Jahre nach der Seligsprechung)

kräftig Hand anlegte, den Bau der Kapelle

finanziell unterstützte und ein Bildnis des

damals Seligen stellte, welches sicherlich

zu den gelungenen Wiedergaben des heili-

gen Ladiners zu rechnen ist.

Eine lange Biographie kann hier nicht

ohne Abstriche erzählt werden. Die Jahre

nach dem Zweiten Weltkrieg boten alles

andere als geeignete Wege zum Erst- und

Zweitbildungsweg. Kollreider wurde als

Bub von Kurat Kraler in Hollbruck in das

Malfach eingewiesen, ging dann nach dem

Krieg zu Toni Kirchmayr nach Innsbruck.

1947 konnte er in entbehrungsreichsten

Verhältnissen in Wien bei Sergius Pauser

und Herbert Boeckl, Meister der Seckauer

Apokalypse, weitere Anregungen empfan-

gen. Nach dem Abschluss der Akademie

kehrte er 1951 nach Lienz zurück, wo er

sich im Kopieren von Albin Egger-Lienz

übte, durchaus mit respektablem Erfolg.

Prägend wurde Kollreiders Zeit in den

Kohlegruben des Ruhrpott, wo er als

Maler unter Tage die Tätigkeit der Gruben-

arbeiter festhielt. Man sah dabei schon,

dass er kein Salonkünstler war, sondern

immer das Hindernis suchte, um auf seine

Art weiter zu kommen. Seine Porträtkunst

führte ihm bald gewichtige Persönlichkei-

ten zu, von denen der englische Dichter

und Nobelpreisträger Robert Graves, der

Kölner Kunstpapst Johannes Ring und die

Schriftstellerin Christine Lavant zu nennen

sind. Manchmal musste es auch schnell

gehen: Die Witwe von Egger-Lienz räumte

ihm nur 32 Minuten ein, für Graves hatte

rezipierbare Glaubensdinge akzep-

tiert, er suchte das „Mysterium tre-

mendum“, wie der evangelische

Theologe und Religionswissen-

schaftler Rudolf Otto zusammen

mit dem Gegensatzbegriff des

„Mysterium fascinosum“ das Hei-

lige benannt hatte

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, das irrationale

Geheimnis im Sichtbaren. „Jedes-

mal kreuzige ich ihn mit Leib und

Seele.“ Anziehend und erschau-

ernd zugleich, ist es, das Heilige.

Dass ihn dabei Themen wie

Schmerz, Tod und Freude beson-

ders nahe gingen, Figuren wie

Jesus und Moses, Eva und Maria,

Sünde und Heil, liegt auf der Hand.

Die „Tragik des Lebens“ (Ringel-

natz) muss bei Kollreider nicht er-

folglos gesucht werden, die ist

neben den Themen des Alltags, in

dem sie zu besonderen Erlebnissen

werden, ein Grundtenor seines

Wirkens. Als er mit 21 Jahren aus

der Hölle Stalingrad nach Hause

zurückkehrte, war ein Leben schon

gelaufen, das nächste konnte erst

langsam anheben. Oswald war ge-

nötigt, alles mit der Linken zu er-

ledigen, die Rechte war seit seinem

Kriegseinsatz in Russland 1944

lädiert, der Lungensteckschuss be-

einträchtigte Körper und Kno-

chen. Wer die „Gräuel des uner-

zogenen Menschengeschlechts“ am eige-

nen Leib erfahren hat, wird davon nicht

mehr in Ruhe gelassen. Die christliche Re-

ligion macht dabei menschliches Leid im

Gottesbild sublim. Schon in den Krippen-

bildern steigt die Prophezeiung von Gol-

gotha auf. Im Todeskessel von Stalingrad

reifte tiefe Einsicht im Soldaten Kollreider.

Kollreiders Geburtstag fällt zwei Tage

vor dem Gedenktag des hl. Josef Freina-

demetz (1852-1908), des 2003 von Papst

Johannes Paul II. heiliggesprochenen

China-Missionars, an. Für Kollreider war

Heumahd, Acryl, 1983.

Foto: Foto Baptist, Lienz