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Um Oswald Kollreider ist es still

geworden. Am 27. Jänner 2017 kann

er seinen 95. Geburtstag feiern. Hinter

ihm liegt ein langes Künstlerleben, das

immer noch in kleinen Skizzen und

Zeichnungen seinen Fortgang sucht

und auch findet. Die Stille begleitete

ihn aber ein Leben lang. Er suchte nie

den Rausch der lauten Gassen, wohl

aber die weite Welt. Wenn man heute

zu Besuch bei Kollreiders ist, Schwes-

ter Theresia Kollreider vollendet am

4. Jänner ihr 97. Lebensjahr, so hat

man eine Begegnung der besonderen

Art mit zwei beinahe hundertjährigen

mitteilsamen Menschengeschichten,

denen das Bildnerische in der Kunst

die Lebenshauptsache war. Heute sitzt

Ossi den ganzen Tag im Lehnstuhl und

nimmt alles wahr, was um ihn herum

passiert. Thresl ist die kommunikative

Interpretin einer langen, verflossenen

Zeit. Die Inhalte fanden schon im Ges-

tern statt. Aber wer viel erlebt hat,

weiß auch Vieles zu berichten. So ver-

schmelzen Erinnerung mit „Dichtung

und Wahrheit“. Aber ist nicht alles

gleich wahr, was die Erinnerung

gegenwärtig hält?

Oswald Kollreider wuchs in einer

kinderreichen Familie in St. Oswald in

der Gemeinde Kartitsch auf, der Kir-

chenheilige hatte in der Phantasie der

Mutter gleich den Namen des Sohnes ab-

gegeben, der als ihr sechstes und somit

jüngstes Kind 1922 zur Welt kam.

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Harte

Kindheit, karge Jugend, Entbehrungen und

dazu noch eine unabwendbare Liebe und

entsprechendes Talent zur Kunst. Kunst

war für Oswald Kollreider immer ein

Medium inhaltlichen Ausdrucks und for-

malen Festhaltens. Wie viele Bilder in

Aquarell oder Acryl sind seinen Händen

„entglitten“? Er malte mit schneller Hand,

ein „Luca fa presto“, ein Schnellmaler, der

in Erfassung des Objekts, um dessen

künstlerische Wiedergabe er eintrat, sich

eilte, es festzuhalten. Man kann dabei auch

ruhig philosophisch werden und vom Fest-

halten des Augenblicks reden. „Wenn ich

Menschenbildes. Immerhin war er ja

Sohn einer Mesnerfamilie und hätte

somit auch Gelegenheit zum Blick

hinter die Kulissen gehabt, hin zur

„despektierlichen Hinterseite des

Sakralen“. Manche Rückwände von

Hochaltären eröffnen veritable Rum-

pelkammern. So nähert er sich den Ge-

heimnissen der Glaubenswelt aus einer

verinnerlichten Sicht, die eine ge-

glaubte und durchdachte und erfühlte

ist.

Kollreider ist vor allem ein Bildner

der Weihnacht. Ein Darsteller von

Krippe, von Hirten und Königen. Hatte

sich doch gerade im Bäuerlichen der

Kanon der evangelischen Erzählung in

die Gewissheit eines Figurenarrange-

ments gegossen, Heilsgeschichte als

niedliches, geradezu kindliches Erleb-

nis im Krippenformat. Wenn in zahl-

reichen Weihnachtsbildern immer wie-

der die Matrix des großen Egger-Lienz

durchleuchtet, so kann Kollreider nicht

eine eigene Komposition abgespro-

chen werden. Zahlreiche Weihnachts-

triptycha (Weihnachtstrilogie) hat er

gemalt und entworfen, Weihnachts-

karten gedruckt und an seine Freunde

verschickt, in Holzschnitten das Weih-

nachtsgeschehen festgehalten, Bilder

mit Texten umgarnt, die von der

Freude der Menschwerdung Christi kün-

den. Die Trilogie bot für Kollreider die for-

male Lösung, die Geburt Christi mit den

Staffagefiguren der Hirten und Könige an

den Flügeln bestens in Einklang zu brin-

gen. Die Bewegung der Flügel bringt auch

das Motiv des zeitlichen Abstandes beider

Huldigungen zum Ausdruck. Kollreider

schuf auch Kirchenkrippen, ganz in sei-

nem Stil aber in der Typologie, wie sie von

den barocken Bretterkrippen her bekannt

ist. Überhaupt lag ihm das Inszenieren, das

Theatralische des Wandels. Wie viele

Schautafeln schuf er für Triumphbögen bei

Primizen und den entsprechenden Fens-

terschmuck? Andachtsmotive für Feld-

altäre, aufgestellt für den Umgang? In der

Bretterkrippe reduziert er die Figuren auf

NUMMER 12/2016

84. JAHRGANG

OSTTIROLER

HEIMATBLÄTTER

H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “

Weihnachten im Stollen, Acryl, 1952.

(Besitz Dr. F. Büse, Dortmund)

Foto: Archiv O. Kollreider

Leo Andergassen

Oswald Kollreider zum 95. Geburtstag

Nicht nur ein Maler der Weihnacht

mit einem Bild beginne, ist es auch schon

fertig“, pflegt er zu sagen. Wie oft tauchte

er den Pinsel in die Farbe oder griff zu

Kohle und Bleistift? Ossi ist ein Vielmaler,

ein Vielseher, ein Wahrnehmer aller Wirk-

lichkeit um ihn herum. Unter den tau-

sendfachen Motiven, die den nimmermü-

den Seher begeisterten, finden sich in einer

regelmäßigen Konstante Bilder, die der

frommen Bildtradition seiner Jugend ent-

springen. Glaube ja oder nein, diese Frage

hatte sich Kollreider nie gestellt, vielleicht

in Nächten des Zweifels, die Glaubens-

geschichte ist die Heilsgeschichte seines