ling und Glanz), der sich sofort mit großer
Begeisterung für diese Arbeit bereit-
erklärte und trotz eines nur bescheidenen
Honorars sich mit großer Liebe und Hin-
gabe an die Arbeit machte. (…) Unter
Oberlechners künstlerischen Händen
wurde der Plan, eine reine Oberkofler-
Kopie herzustellen, doch etwas abgeändert
und durch eigene Einfälle bereichert,
sodaß wir nun mit Recht von einer würdi-
gen, religiösen und künstlerischen Ober-
kofler – Oberlechner-Krippe sprechen kön-
nen, die sicher vielen Lienzern, ja der grö-
ßeren Mehrzahl, den wahren Weihnachts-
und Weltfrieden zu vermitteln helfen wird.
Natürlich kann man über Gustos und Ge-
schmäcker streiten (dies gilt besonders bei
einer Krippe, wo es bekanntlich der Teufel
selbst besorgt) und so bitte ich alle jene
Modernisten, die die Freikrippe sowohl
inhaltlich wie künstlerisch ablehnen, die-
selbe wenigstens als Kulturtat unserer Zeit
zu respektieren, zumal sie fast zur Gänze
aus privaten Spenden und ohne allgemeine
Steuergelder finanziert wurde.“
Ach was?, ist man nachzufragen ver-
sucht, wenn uns der Autor schon drei Jahre
später verkündet, dass die Krippe, kaum
aufgestellt, schon wieder entfernt und
durch eine neue ersetzt worden ist. In dem
Ende Jänner 1971 zum drei Jahre zu früh
veranschlagten 50-jährigen Jubiläum des
Lienzer Krippenvereins erschienenen Bei-
trag scheint auch sonst Eile geboten: Der
Verfasser wähnt durch
„die neue konzi-
liare, stark rationalistische Liturgie“
das
Krippenwesen gefährdet und nennt, selt-
sam genug, als Symptom dafür die Ver-
OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2016
8
HEIMATBLÄTTER
drängung der
„nazarenischen
(!)
Bretter-
krippe aus der ersten Hälfte des 20. Jahr-
hunderts“
vom restaurierten Hochaltar der
Pfarrkirche St. Andrä auf die Stufen eines
Seitenaltars. Da es sich
„ohnehin nur (um)
die Kopie eines barocken Altarbildes“
handle und das Original
„einen vollwerti-
gen Ersatz dafür
“ biete, hält sein Bedauern
sich noch in Grenzen.
35
Das Gastspiel von Oberlechners Krippe
in der Klösterleschmiede kann allerdings
nicht länger als eine Saison gedauert
haben, denn Kollreider erwähnt in seiner
Bilanz auch, dass die Pfarrkirche Tristach
seit drei Jahren eine
„sehr stimmungsvolle
Krippe“
vom selben Maler besitze. Dass
diese mit der 1967 errichteten „Stadt-
krippe“ identisch ist, verschweigt er.
Vielleicht wurden Oberlechners „eigene
Einfälle“ seinem Werk zum Verhängnis,
denn bis auf die Heiligen Drei Könige und
die von ihm „Zenz“ und „Martl“ getauften
knienden Hirten
36
, die er teilweise seiten-
verkehrt aus Oberkoflers Bastelbogen
kopierte, machte er an die Vorlage keine
Konzession. Erst durch die bis zum heuti-
gen Tag in der Klösterleschmiede aufge-
stellte, von Josef Oberthaler aus Anras ge-
malte Krippe war der Wunsch der Auf-
traggeber auf Punkt und Beistrich erfüllt.
Alois Oberlechner starb mit 91 Jahren
am 21. November 1982. In privatem Besitz
befindliche Bilder bezeugen eine bis ins
hohe Alter kultivierte künstlerische Akti-
vität. Die kirchlichen Auftragsarbeiten aber
charakterisieren ihn zunächst als einen
Maler, der sein Handwerk sehr gut be-
herrschte, und auch ohne je ein entschieden
persönliches Statement zu wagen, über
Jahrzehnte sein Publikum fand. Dies gilt
nicht zuletzt für den monumentalen „Auf-
erstandenen“, den Oberlechner nach Mat-
thias Grünewalds Isenheimer Altar gestal-
tete und der bis zur Erneuerung des Altar-
raums den Kirchenbesuchern der Hl.
Familie in Lienz alljährlich „seine“ Vor-
stellung vom Ostergeschehen vermittelte.
„Auferstandener“, gemalt von Alois Oberlechner nach Matthias Grünewald in der Pfarr-
kirche zur Heiligen Familie in Lienz.
Foto: Pfarre Hl. Familie
Anmerkungen:
1
Meinrad P
IZZININI
, Albin Egger und das Lienzer Bezirks-
Kriegerdenkmal, in: das Fenster. Tiroler Kulturzeit-
schrift, Heft 19, Winter 1976/77, S. 1.950-1.969, hier
S. 1.954.
2
Inschrift auf der Rückseite der Muttergottesdarstellung.
3
Kunstmaler Alois Oberlechner zum Neunzigsten, in:
Osttiroler Bote, 36. Jg., 1981, Nr. 22, S. 4.
4
Carl K
RAUS
, Zwischen den Zeiten. Malerei und Graphik
in Tirol 1918-1945, Lana 1999, S. 282. – Erinnerungen
seines Sohnes zufolge besuchte Oberlechner die Mal-
schule Knirr gemeinsam mit Adolf Hitler, der ihn damals
schon mit seinen abstrusen Ideen genervt und damit
einen triftigen Grund für sein Nein bei der Volksab-
stimmung 1938 geliefert hat. Im Gegensatz zu Hitler
habe Oberlechner aber die Aufnahmeprüfung an der
Akademie der bildenden Künste erfolgreich bestanden.
Abgesehen davon, dass Hitler bereits 1907 und 1908 von
der Akademie der bildenden Künste in Wien abgewiesen
wurde, ist die Erzählung historisch aber nicht zu bewei-
sen – im Gegenteil: Auch wenn Hitlers in „Mein Kampf“
die tatsächlich erst 1913 erfolgte Übersiedelung nach
München um ein ganzes Jahr vorverlegt, sein Aufenthalt
in Wien während der Jahre davor ist gerade für den frag-
lichen Zeitraum recht gut dokumentiert. Andererseits
aber scheint in den von 1809 bis 1935 mittlerweile
lückenlos digitalisierten Matrikelbüchern der Akademie
der bildenden Künste in München Alois Oberlechner nicht
auf. – Vgl. Martina H
OLZER
, Zeitzeugen Zweiter Welt-
krieg, in: Osttiroler Bote, 70. Jg., 2015, Nr. 24, S. 34f.
Vgl. dazu: Birgit S
CHWARZ
, Geniewahn: Hitler und die
Kunst, 2. Aufl., Wien-Köln-Weimar 2011, S. 51-66.
5
Kunstmaler Oberlechner (wie Anm. 3).
6
Der Spitzkofel als naturalistisches Ölgemälde, in: Ost-
tiroler Bote, 17. Jg., 1962, Nr. 30, S. 13.
7
Elisabeth K
LAUNZER
/Karl U
NTERGASSER
(Eine Gaimber-
ger Persönlichkeit), in: Die Sonnseiten. Zeitung der Ge-
meinde Gaimberg, 8. Jg., Nr. 23, Dezember 2005, S. 18.
8
Anna W
ALDECK
, Ein Schöpfer kirchlichen Kulturgutes,
in: Osttiroler Bote, 52. Jg., 1997, Nr. 19, S. 28f.
9
Erich L
ExER
/Erich M
AIR
, Karl Untergasser, Lienz 2006,
S. 154-156.
10
Johannes E. T
ROJER
, Innervillgraten, Innsbruck 1967, S. 73.
11
Johannes E. T
ROJER
, Innervillgraten, Osttirol, Salzburg
1984, S. 12
12
O. D
ÖRING
/Gebhard F
UGEL
, in: Die Christliche Kunst,
6. Jg., München 1909/10, S. 133-144.
12
Franz K
OLLREIDER
, Vor 90 Jahren. Kirchenbau in Inner-
villgraten, in: Osttiroler Heimatblätter, 51. Jg., 1983, Nr.
8 (unpaginiert).
14
S. S
TAUDHAMER
, Angabe des Preises von Kunstwerken,
in: Die Christliche Kunst, 15. Jg., München 1918/19,
S. 145.
15
Anton K
OFLER
, Pfarrer Anton M
OLING
, in: Osttiroler
Heimatblätter, 14. Jg., 1946, Nr. 7, S. 25.
16
T
ROJER
, Innervillgraten (wie Anm. 10).
17
Stemberger wurde auf Wunsch des Thronfolgers Franz
Ferdinand vom ZK für Denkmalpflege zum Konservator
ernannt, in der Hoffnung,
„er werde sich dieser Aufgabe
mit besonderem Eifer unterziehen“
zumal
„gerade der
Bezirk Lienz so reich an Bodenschätzen, aber auch das
Hauptquartier des berüchtigten Antiquars Rohracher
ist …“.
Vgl. Theodor B
RÜCKLER
, Thronfolger Franz Fer-
dinand als Denkmalpfleger, Wien-Köln-Weimar 2009,
S. 206.
18
Josef W
EINGARTNER
, Neuaufgestellte Kunstdenkmäler in
der Pfarrkirche zu Lienz, in: Mitteilungen der k. k. Zen-
tralkommission für Denkmalpflege 1912, Bd. xI, Nr. 9,
S. 212.
19
Vgl. Meinrad P
IZZININI
, Osttirol. Der Bezirk Lienz, Salz-
burg 1974, S. 183.
20
Kupferstich von Jan Muller nach Bartholomäus Spran-
ger, 1606. Hollstein A 13.
21
Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister.
22
Erich E
GG
, Die Bretter- und Papierkrippen des Barock,
in: Erich E
GG
/Herlinde M
ENARDI
, Das Tiroler Krippen-
buch. Die Krippe von den Anfängen bis zur Gegenwart,
Innsbruck-Wien 2004, S. 61-71.
23
Vgl. Meinrad P
IZZININI
, Anton Zollers Heiliges Grab in
der Stadtpfarrkirche St. Andrä, in: Heilige Gräber in
Tirol. Ein Osterbrauch in Kulturgeschichte und Liturgie,
Innsbruck 1987, S. 123-140.
24
Franz K
OLLREIDER
, Die Weihnachtskrippe in Lienz
1970/71, in: Osttiroler Heimatblätter, 39. Jg., 1971, Nr.
1 (unpaginiert).
25
http://www.krippenverein-lienz.at/geschichte01.htm.Aufgerufen am 20.02.2016.
26
Karl M
AISTER
, Krippe und Kunst, in: Osttiroler Hei-
matblätter, 3. Jg., 1926, Heft 1-2, S. 6-11.
27
Wie Anm. 25.
28
Franz S
INT
, VomWerte der Weihnachtskrippe, in: Ostti-
roler Heimatblätter, 3. Jg., 1926, S. 2f.
29
Franz K
OLLREIDER
, Freilicht-Weihnachtskrippe nun auch
in Lienz, in: Osttiroler Bote, 22. Jg., 1967, Nr. 51, S. 25.
30
Erich E
GG
, Der Krippenverein und die Anfänge der
„Tiroler Krippe“ (wie Anm. 22), S 72-89.
31
P
IZZININI
, Osttirol (wie Anm. 19), S. 228.
32
Original im Württembergischen Landesmuseum Stutt-
gart, Volkskundliche Sammlung.
33
E
GG
, Bretter- und Papierkrippen (wie Anm. 22), S. 65f.
34
K
OLLREIDER
, Freilicht-Weihnachtskrippe (wie Anm. 29).
35
K
OLLREIDER
, Weihnachtskrippe in Lienz (wie Anm. 24).
36
Beschriftung jeweils auf der Rückseite.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Fu
?
r den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Mag.
Rudolf Ingruber, A-9900 Lienz, Ruefenfeldweg
2 b.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail: mein-
rad.pizzinini@chello.at