OSTTIROLER
NUMMER 7/2016
4
HEIMATBLÄTTER
die Stiftskirche zurückzuholen, was am
8. Dezember 1917 erfolgte. Die Lienzer
Nachrichten meldeten:
20
„Das Innichner Kreuz von Lienz wurde
nach Innichen zurückgebracht. Am 7. ds.
Abends kam hier von Innichen ein Pferde-
fuhrwerk an, um das Innichner Kreuz ab-
zuholen und in seinen vielhundertjährigen
Standort zurückzuführen. Um 2 Uhr nachts
des 8. Dezember führte Peter Lercher, Spin-
serbauer aus Innichen, das kostbare Hei-
ligtum auf einem Wagen hier weg, in den
Nachmittagsstunden desselben Tages wurde
letzterm in Innichen ein feierlicher Einzug
bereitet. So ist denn der älteste Flüchtling
der Hofmark, welcher seit 16. Juli 1916 in
[der]
Stadtpfarrkirche zwischen den großen
Säulen am Rosenkranzaltar hing und hier
verehrt wurde, in die granatensichere Hei-
mat zurückgekehrt. Der herrliche Dom ist
unverletzt geblieben.“
Daran waren wohl auch Gedanken ge-
knüpft, dass der Krieg bald vorbei sei und
die Friedenszeit endlich beginne. Diese
Hoffnungen wurden allerdings enttäuscht!
Rücktransport des „Großen Herrgotts“ nach Innichen am 8. Dezember 1917, wieder
durchgeführt von Josef Lercher vulgo Spineser bei einem „Fotostop“ auf der Zeberler-
höhe vor Innichen; auf einem zweiten Brückenwagen – im Bild nicht zu sehen – befan-
den sich die Statuen von Maria und Johannes, die gleichzeitig aus dem Villgraten
zurückgeholt wurden.
Unbekannter Fotograf
Anmerkungen:
1
Die gründlichste neuere Abhandlung über Innichen stammt
von Egon K
ÜHEBACHER
, Die Hofmark Innichen. Ein Hei-
matbuch für Einheimische und Fremde, Innichen 1969.
2
K
ÜHEBACHER
, Innichen (wie Anm. 1), S. 183.
3
Egon K
ÜHEBACHER
, Zur Geschichte der Verehrung des
hl. Kreuzes von Innichen, in: Der Schlern, 45. Jg., 1971,
Heft 5-6, S. 199-208 (mit 10 Abbildungen imAnhang),
hier S. 200f.
4
K
ÜHEBACHER
, Verehrung (wie Anm. 3), S. 202-205; Egon
K
ÜHEBACHER
, Kirche und Museum des Stiftes Innichen,
Bozen 1993, S. 92f.
5
K
ÜHEBACHER
, Verehrung (wie Anm. 3), S. 205-208.
6
Bürgerbuch der Gemeinde Innichen, Nr. 127. – Zitiert
nach K
ÜHEBACHER
, Verehrung (wie Anm. 3), S. 207.
7
Über das Kriegsgeschehen im Pustertal siehe Martin
K
OFLER
, Frontnahes Hinterland. Lienz, Bruneck und das
Pustertal im Ersten Weltkrieg, in: Martin K
OFLER
(Hrsg.), Grenzgang. Das Pustertal und der Krieg 1914-
1918 (TAP-Forschungen, Band 2), S. 50-72.
8
Pfarrchronik St. Andrä, Lienz, MS, S. 178.
9
Über die Fliegerangriffe siehe Martin K
OFLER
, Italiens
Doppeldecker über Lienz, in: Osttiroler Heimatblätter,
66. Jg., 1998, Nummer 10, unpag. [S. 1-3].
10
K
ÜHEBACHER
, Verehrung (wie Anm. 3), S. 207.
11
Kurze diesbezügliche Erwähnungen bei K
ÜHEBACHER
,
Verehrung (wie Anm. 3), S. 207; Meinrad P
IZZININI
,
Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz 1982, S. 451 (mit
Bild); Egon K
ÜHEBACHER
, Die Kreuzesgruppe der Stifts-
kirche von Innichen als Andachtsbild, in: Der Schlern,
87. Jg., 2013, Heft 11, S. 32-66, hier S. 59; K
OFLER
,
Weltkrieg (wie Anm. 7), S. 65 (mit Bild).
12
Zitiert nach K
ÜHEBACHER
, Verehrung (wie Anm. 3), S. 207.
13
Der Fotograf Johann Unterrainer war 1897 von Windisch-
Matrei nach Lienz zugezogen und hatte hier ein Atelier
eröffnet, das sein Sohn Florian übernahm. Dieser kommt
für die Aufnahmen jedoch nicht in Frage, da er, zum
Militär eingezogen, im Juli 1916 gefallen ist; Meldung
in: Lienzer Nachrichten, Jg. 1916, Nr. 57 (21. Juli), S. 5.
14
Lienzer Nachrichten, Jg. 1916, Nr. 57 (21. Juli), S. 5.
15
Richtig: Spineser Bauer (Auskunft Dr. Egon Kühebacher,
E-Mail vom 11. Juli 2016).
16
Lienzer Nachrichten, Jg. 1917, Nr. 15 (23. Feber), S. 4f.
17
Egon Kühebacher erkennt in diesem Kopf einen Mon-
golenkopf und erläutert den historischen Hintergrund
wie folgt: Zur Zeit der Entstehung des Innichner Kreu-
zes habe das Abendland vor den heidnischen Mongolen
unter Dschingiskhan gezittert, vor diesen Erzfeinden der
Christenheit und Horden des Teufels, jedoch: „Christus
hat durch seinen Opfertod das Reich des Teufels besiegt
und steht deshalb als triumphierender König auf einem
Mongolenkopf, der dieses Reich symbolisiert.“ (K
ÜHE
-
BACHER
, Andachtsbild [wie Anm. 11], hier S. 39f.)
18
Lienzer Nachrichten, Jg. 1917, Nr. 89 (23. November), S. 5.
19
Lienzer Nachrichten, Jg. 1917, Nr. 93 (7. Dezember), S. 4.
20
Lienzer Nachrichten, Jg. 1917, Nr. 95 (14. Dezember),
S. 3.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren ver-
antwortlich.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Ost-
tiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a, E-Mail: meinrad.
pizzinini@chello.atDas nach Innichen zurückgebrachte Kruzi-
fix wurde wieder auf seinem alten Platz am
neuromanischen Hauptaltar der Stiftskirche
aufgestellt; „Korrespondenz-Karte“, hrsg.
von Edition Photoglob, Zürich, um 1910.
(Fotosammlung Ute Pizzinini, Völs)
Rep.: M. Pizzinini
Heutige Aufstellung der romanischen
Kreuzigungsgruppe unterhalb der Vie-
rungskuppel mit einem Schöpfungszyklus,
um 1280.
Foto: Peter Leiter
Die Rückkehr des Kreuzes
nach Innichen
Am 21. November 1916 war Kaiser
Franz Joseph gestorben; sein Nachfolger
Karl I. hatte ein schweres Erbe zu über-
nehmen. Militärisch gesehen verlief das
Jahr 1917 für Österreich-Ungarn bzw.
überhaupt für die Mittelmächte nicht un-
günstig. An der italienischen Front trat mit
der zwölften sog. Isonzoschlacht (24. bis
27. Oktober 1917) eine überraschende
Wende ein. Bei der Offensive, die am obe-
ren Isonzo begann, wurde sogar das ange-
strebte Maximalziel, die Tagliamentolinie,
weit überschritten. Daraufhin mussten sich
die Italiener von der Dolomitenfront zurück-
ziehen, was vor allem auch für das Puster-
tal eine große Erleichterung brachte.
In Obertilliach, das mit seinem ge-
schlossenen Ortsbild und den vielen höl-
zernen Bauten der Zerstörung durch ita-
lienische Granaten wie durch ein Wunder
entgangen war, feierte man am 11. No-
vember einen Dankgottesdienst.
18
– Eben-
falls in Kartitsch, wie auch in anderen
Orten des Hochpustertales, gedachte man
in diesen Tagen der „Befreiung unseres en-
geren Heimatlandes vor drohender Kriegs-
gefahr“
19
, die nun endlich vorüber sei.
Nach der Änderung der Frontverhält-
nisse war es den Innichnern ein Anliegen,
ihr verehrtes Kruzifix aus Lienz und die
Assistenzfiguren aus Villgraten wieder in