Weihrauch – der Stoff, der gött-
lich macht, so glaubten jedenfalls
die alten Ägypter. Kaum ein ande-
res Kulturgut hat so viele Epo-
chen überlebt. Bei uns wird er
gerade wiederentdeckt und auf-
grund seiner desinfizierenden
und entzündungshemmenden Eigenschaften bei chroni-
schen Beschwerden, wie Asthma, Rheuma, Colitis ulcerosa
und sogar Tumorerkrankungen, eingesetzt.
Eine Reise in die Vergangenheit
Weihrauch spielte bereits in vielen alten Kulturen eine bedeu-
tende Rolle. Mithilfe von Dromedar-Karawanen wurde das
kostbare Weihrauchharz auf der alten Weihrauchstraße von
Südarabien (Jemen, Oman) über Medina im westlichen Arabien
und die jordanische Stadt Petra bis ans östliche Mittelmeer nach
Alexandria und Gaza transportiert. Zum Zwecke der Vertrei-
bung böser Geister fanden Räucherungen mit Weihrauch im
Tempeldienst der Hebräer, Phönizier und Caldäer statt, später
auch bei den Griechen und Römern. ImMittelalter bediente sich
die römische und griechische Kirche dann des Weihrauchs in
sehr ausgedehnter Weise; er wurde nicht nur bei Gottesdiensten,
sondern auch bei den sogenannten Gottesgerichten gebraucht.
Und auch in der mittelalterlichen Klostermedizin hatte Weih-
rauch bereits einen festen Platz als Heilmittel.
Als
Arzneimittel
wird Weihrauch bereits in den Schriften von
Hippokrates erwähnt. Die Wiederentdeckung des Weihrauchs
für Mitteleuropa geht auf
Hermann P.T. Ammon
, Professor für
Pharmazie in Tübingen, zurück. Dieser konnte nachweisen, dass
bestimmte Inhaltsstoffe, sogenannte Bosweliasäuren, chronisch
entzündliche Prozesse im menschlichen Körper hemmen oder
gar beenden können. Er beschäftigte sich speziell mit dem Indi-
schen Weihrauch
(Boswellia serrata)
der in der ayurvedischen
Medizin längst eine wichtige Rolle spielte. Neue Studien zei-
gen, dass Weihrauch ein ernstzunehmendes Heilmittel mit gro-
ßem Potenzial ist.
Es gibt einige unterschiedliche Boswellia-Arten, die für den
medizinischen Gebrauch geeignet sind. Sie unterscheiden sich
vor allem durch ihren Gehalt an Boswelliasäuren. Die medizi-
nisch wichtigsten sind Boswellia serrata (Nord- und Zentralin-
dien), Boswellia sacra (Oman, Jemen, Somalia) und Boswellia
papyrifera (Äthiopien, Eritrea, Nigeria, Kamerun).
Bei uns ist Weihrauch als Trockenextrakt in Nahrungsergän-
zungsmitteln und pflanzlichen Arzneimitteln (H15) oder als
Harz über das Internet oder die internationalen Apotheken
erhältlich. Einige Apotheker stellen Weihrauch-Präparationen
auch selbst her.
Entzündungshemmende Wirkung
Prof. Werz von der Universität Jena konnte teilweise die Wirk-
kraft von Weihrauch entschlüsseln. Boswelliasäuren interagie-
ren mit verschiedenen Eiweißen, die an entzündlichen Reaktio-
nen beteiligt sind, ähnlich wie die Acetylsalicylsäure beim
Aspirin, nur mit weitaus weniger Nebenwirkungen, besonders
auf den Magen-Darm-Trakt. Boswelliasäuren kommen aus-
schließlich im Harz des Weihrauchbaumes vor, eine syntheti-
sche Herstellung ist momentan nicht möglich. Es gibt einige
Weihrauchharzpräparate auf demMarkt – in Form von Kapseln,
Zäpfchen, Ovula, Salben, Ölen, Pudern und zum Kauen. Ent-
scheidend laut Prof. Werz sind der Herkunftsort und die Rein-
heit des Harzes. Durch die Begrenztheit des Rohstoffes besteht
die Gefahr der „Streckung“ mit anderen Harzen.
Laufende Studien müssen noch abgewartet werden, aber man
kann derzeit schon sagen, dass Weihrauch gegen viele
entzünd-
liche Erkrankungen
eingesetzt werden kann, wie bei Darmer-
krankungen, Colitis ulcerosa, Mb. Crohn, Magengeschwüre, bei
Gelenksschmerzen, Rheuma, Arthritis, bei Muskelschmerzen,
bei entzündlichen Hauterkrankungen wie Psoriasis, Neuroder-
mitis, bei Hämorrhoiden, bei Asthma bronchiale, bei Keimbe-
fall durch Pilze, Chlamydien, HPV-Viren.
Auch in der
Tumortherapie
und bei
Multipler Sklerose
laufen
derzeit Studien am Universitätsklinikum Eppendorf in Ham-
burg.
Luban für bessere Gehirnleistung
Das bitterschmeckende Harz Luban kann zur Stärkung des
Gedächtnisses verwendet werden. Es gibt ihn feinkörnig in hei-
ßem Wasser aufzulösen oder als Kau-Weihrauch Luban der
besonders antiseptisch gegen Erkältungen und entfaltet eine
beruhigende und dennoch belebende Wirkung, außerdem soll er
den Appetit zügeln.
Weihrauch in der Kosmetik
Das Harz des Weihrauchbaumes ist unbegrenzt lagerfähig.
Zusätze von Weihrauch haben schon immer zum Konservieren
und Desinfizieren von Kosmetika, Lebensmitteln und Aufbe-
wahrungsgefäßen gedient. Die desinfizierende Wirkung ist
sogar so stark, dass Weihrauch zum Einbalsamieren der Toten
genutzt wurde. Unter einem Balsam versteht man das pastöse
Gemisch aus einem Harz und verschiedenen ätherischen Ölen.
Zusammengerührt mit verschiedenen Salbengrundlagen ergibt
sich daraus ein wertvolles Kosmetikum.
Stimmungsaufhellendes Räuchern
Neben den innerlich aufgenommenen Harzen wirkt auch der
Rauch des Weihrauchs, denn in ihm sind ebenfalls desinfizie-
rende Stoffe enthalten, die Ungeziefer, Bakterien sowie Pilze
abtöten und sogar Viren hemmen. Harz soll langsam schmelzen
und verdampfen und ja nicht verbrennen, denn dabei entsteht
das giftige Dioxin. Ein bestimmter Inhaltsstoff, Incensolacetat,
kann die Stimmung verbessern und durchaus auch antidepressiv
wirken.
Mit den alten Gelehrten wie Plinius und Paracelsus teilen auch
heute viele Pharmazeuten, Ärzte und Botaniker das Interesse an
den speziellen Eigenschaften der Weihrauchbäume, wohl zu
unser aller Gesundung.
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12/2015
Die Seite für die Gesundheit
mit Doktor Adelbert Bachlechner
Weihrauch - faszinierendes Universalheilmittel