GESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JÄNNER/FEBER 2019
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Zeichen am Haus
„Da durften sie bei uns auf
der Ofenbank schlafen. Am
Abend und auch am nächsten
Morgen ließ man sie mit uns
mitessen.“ Danach gingen diese
Menschen wieder weiter. „Wohl
die meisten Bauern ließen sie
ins Haus. Ich kann mich nicht
erinnern, dass man einen einmal
abgewiesen hätte“, so Johann.
An jenen Häusern, in denen
man sich ein Nachtquartier er-
warten konnte, brachten die Ar-
beitslosen für „Nachkommende“
ein Zeichen an. Als im Jahr 1938
Österreich an das Deutsche
Reich angeschlossen wurde, war
Johann zehn Jahre alt. „Plötzlich
in der Nacht vom 12. auf den 13.
März waren auf einmal ein gan-
zer Haufen Nazis in Sillian. Sie
veranstalteten einen Fackelzug
und Aufmärsche. Wir Schulkin-
der waren bei dem Aufmarsch
auch dabei – als Zuschauer“, er-
innert er sich. „,Ein Volk, ein
Reich, ein Führer, Sieg heil, Sieg
heil!‘ brüllten die Vorschreier
und die anderen Genossen nach.“
„Mordsbegeisterung“
„Es gab eine Mordsbegeiste-
rung. Dass die Arbeitslosen bei
den Bauern herumgingen, hörte
mit einem Schlag auf. Sie
führten die Kinderbeihilfe ein.
Damals gab es ja noch viele
kinderreiche Familien.“ An-
fangs konnte man laut Johann
in den Geschäften zudem noch
alles kaufen, und die Bauern
wurden sehr gefördert. „Sie be-
zahlten ihnen die Schulden.
Wenn die Bauern zudem etwa
eine Maschine brauchten oder
etwas bauten, gab es Subven-
tionen. Es gibt noch viele Bau-
ern in Österreich, die deshalb
noch heute auf ihren Höfen
sind. Andernfalls wären die
Höfe zwangsversteigert wor-
den. Freilich – damals glaubten
die Menschen noch, dass die
Situation zunehmend besser
werde. Am Wahltag am 10.
April mit der Frage, ob man
sich Deutschland anschließen
soll oder nicht, gaben fast 100
Prozent der Stimmberechtigten
ein Ja ab.“
„Krallen zeigten sie
vorerst nicht“
Die Wahl sei nicht allzu ge-
heim gewesen. „Denn die Wahl-
helfer hätten sehr wohl ge-
schaut, wie die Leute wählen.
Vom wirklichen Wesen des
Nationalsozialismus hatten die
Menschen natürlich keine
Ahnung. Ihre Krallen zeigten sie
vorerst nicht.“ Besonders großes
Unbehagen löste dann die Ge-
stapo aus, „die gleichzeitig mit
den Nazis kam. Diese verbrei-
tete ein Gefühl der Angst, dass
man nach Dachau kommt, wenn
man etwas gegen die Nazis
sagt“, erinnert sich Johann. Da-
mals sei man auch Staatsbürger
einer betont kirchenfeindlichen
Diktatur gewesen.
„Sie fingen bald an die Kir-
che zu schikanieren. Am Sonn-
tag bei der Predigt war immer
ein Spitzel anwesend. Es kam
öfters vor, dass eine Pfarrei zur
Behörde geladen wurde, weil
der Pfarrer bei der Predigt
etwas gesagt hatte, das den
Nazis nicht passte.“ Die Pro-
zessionen seien vom Markt
weggedrängt worden. „Zuletzt
gingen wir vom Widum ost-
wärts über die Felder und beim
Nepomukstöckl auf die Straße
und in die Kirche.“ Der Religi-
onsunterricht durfte nicht mehr
in der Schule abgehalten wer-
den. „Was haben wir in der
Kirche beim Religionsunter-
richt gefroren“, erinnert sich
Johann.
Martina Holzer
nochmals
–30
Landeck · Imst · Reutte · Hall · Wattens · Schwaz · Wörgl · Kufstein · Lienz
Mittwoch, 30.1. bis Samstag, 2. 2. 2019
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