GESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JÄNNER/FEBER 2019
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Kaufkraftschwund und
Konsumrückgang
beschwor Anfang der
1930er Jahre auch in
unserer Region eine
handfeste Agrarkrise
mit zahlreichen
Zwangsversteigerun-
gen herauf. Zudem
gaben sich Arbeitslose
auf den Höfen für ein
Gratis-Quartier die
Klinke in die Hand.
„Die Folgen der Wirtschafts-
krise bildeten den Fokus deut-
scher und Nordtiroler Journali-
sten, die den Bezirk im Juni
1931 bereisten“, erzählt Martin
Kofler, Historiker und TAP-
Leiter. Alfred Strobel habe an-
schließend in den „Innsbrucker
Nachrichten“ um Verständnis
für „Osttirols Grenzlandschick-
sal“ geworben. „Auffällig für
Osttirol ist, dass es von Ende
1931 bis Ende 1932 in allen
Orten mit verstärkter NS-Tä-
tigkeit auch große wirtschaftli-
che Not gab – von Zwangsver-
steigerungen bis hin zu drohen-
der Hungersnot. Aber nicht
überall, wo die Wirtschaftskrise
bestimmend war, erhielt die
NSDAP Zulauf oder wurde
aktiv“, so Kofler.
In dieser Zeit war Johann K.
aus Heinfels ein kleiner Bub.
„Es gab viele Arbeitslose“, er-
innert er sich. „So sind die aus-
gesteuerten Arbeitslosen und
die arbeitslosen Handwerks-
burschen bei den Bauern her-
umgegangen.“ Auch bei Johann
daheim war es eher eine Aus-
nahme, wenn ein Abend ver-
ging, an dem nicht wieder ein
Arbeitslose an die Tür klopfte
und sagte: „Ein Arbeitsloser
bittet um eine Nachtherberge!“
„Als die Nazi kamen, gab es auch in Sillian eine Mordsbegeisterung“, erzählt der Pustertaler
Johann K.
Foto: Archiv Anton Walder/Marktgemeinde Sillian
Arbeitslose
Das Merkblatt liegt noch heute auf dem „Liendler-Hof“ in Ass-
ling, der ebenfalls – wie viele andere Höfe in den 1930er Jahren
– kurz vor dem Konkurs stand und letztendlich entschuldet wurde.