neue Unterweisen-Besitzer Anton
Ladstätter, der beim Tausch des doch
etwas größeren Anwesens auch die
darauf liegenden Schulden überneh-
men musste, ging im Jahr 1880 in
Konkurs. Seine Frau Maria erlebte
den Konkurs nicht mehr; sie war be-
reits am 24. Jänner 1879 in Unter-
weisen gestorben. Der Käufer dieses
Gutes war dann der St. Veiter Stefan
Degischer (1830-1907, gest. in Unter-
weisen)
47
; sein Verwandter Bernhard
Tegischer (1846-1906), Kaufmann in
Bozen
48
, hatte den Konkurs des
Unterweisen-Gutes betrieben. (Bern-
hards Vater Martin Tegischer, 1797-
1865, stammte vom Gut in der
Mauer in Osing/St. Veit; er erwarb das
Bauerngut Stockerkramer in St. Leon-
hard und nahm den Vulgo-Namen
mit; von nun hieß es auch hier in St. Leon-
hard „in der Mauer“ bis heute.
49
) Bereits am
20. August 1883 kaufte Anton Ladstätter von
Josef Obkircher wieder ein neues Anwesen,
fast am anderen Ende der Gemeinde gelegen,
und zwar eine kleine Feuer- und Futterbe-
hausung in der Pötsch Nr. 38 (BP Nr. 285).
50
Er wird jetzt nicht mehr so viel unterwegs
gewesen sein. Er war inzwischen 61 Jahre alt
und von den fünf Kindern war keines mehr
im Defreggen. Sie waren in Domzˇale (heute
Slowenien), Graz oder Wien tätig. Auch zwei
Söhne und eine Tochter seines Bruders Jakob
(1821-1904), dem Jarglgut-Besitzer, waren
in Graz als Hutmacher bzw. Wirtschafterin
beim Hutfabrikanten P. Ladstätter und
Söhne in Diensten.
51
In der Pötsch, im neuen
Zuhause, führte seine ledige Schwester The-
res, nun auch bald 70 Jahre alt, die Wirt-
schaft. Im Jahr 1890 wohnte also Anton Lad-
stätter mit seiner Schwester Theres allein in
der Pötsch.
52
Zu dieser Zeit gründeten seine
Söhne die Hutfabrik A. und J. Ladstätter in
Wien, wo dann auch die übrigen Geschwis-
ter mitarbeiteten. Am 30. April 1905 ver-
OSTTIROLER
NUMMER 8/2016
4
HEIMATBLÄTTER
richtiger Familienbetrieb, wo alle
fleißig mitwerkten, um im Konkur-
renzkampf mithalten zu können!
In der Hochblüte, vermutlich zu
Beginn des Ersten Weltkrieges, soll es
in der Hutfabrik an die 50 Beschäf-
tigte gegeben haben, viele aus dem
Defreggen, die in Wien eine gesi-
cherte Arbeit fanden, wenn auch zum
Teil nur saisonweise. Die Hutindustrie
war damals eine wirtschaftliche
Größe.
55
Der Krieg zerstörte die Wei-
terentwicklung des Betriebes, viele
Mitarbeiter verloren ihr Leben und so
sind Aufstieg und Niedergang ge-
schichtlich eng miteinander verbun-
den. Für 1921 und 1923 gibt es noch
Hinweise auf den Bestand der Firma.
Im Aufruf an die Tiroler in Wien im
Oktober 1923 wird als Schriftführerin
eine Gisa Ladstätter angeführt, vermutlich die
Schwiegertochter des Firmengründers Anton
Ladstätter, die in Meran 1918 den Anton
Ladstätter jun. geheiratet hatte. Über dessen
weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
56
– Zur
jüngeren Geschichte hätte man Oskar bei
Lebzeiten befragen können, heute ist es
schwierig. Er scheint über seine Vorfahren
und die Hutfabrik seiner Eltern und Groß-
eltern im Osttiroler Boten nichts geschrieben
zu haben. Wann die Hutfabrik A. u. J. Lad-
stätter in Wien Taborstraße 22 ihre Pforten
endgültig geschlossen hat, ist ungewiss.
Jedenfalls handelt es sich um eine interes-
sante Defregger Firmen- und Familienge-
schichte mit Höhen und Tiefen, mit vielen
Kindern und Hoffnungsträgern – trotzdem
war Oskar Ladstätter der Letzte seiner Linie.
Es wird im persönlichen Umfeld von
Oskar Ladstätter sicher Menschen geben,
die über seine Lebensgeschichte besser
Bescheid wissen. Es lag aber im Interesse
des Autors, diesen Ladstätter-Zweig näher
kennenzulernen und so gut wie möglich zu
dokumentieren.
Anmerkungen:
1
Oskar L
ADSTäTTER
, Wallfahrt nach Luggau. Novelle, in
Osttiroler Bote (OB), 5. Jg., 1950, Nr. 51-52, S. 11f. mit
wöchentlichen Fortsetzungen bis OB, 6. Jg., 1951, Nr. 11,
S. 11f.; von Ladstätter wurden bis ca. 1960 noch mehrere
literarische Beiträge und Gedichte veröffentlicht.
2
Z. B. Oskar L
ADSTäTTER
, Die Kauprobe. in: Lienzer Buch
(Schlern-Schriften 98), Innsbruck 1952, S. 223f.
3
Osttiroler Bote, 5. Jg., 1950, Nr. 29, S. 4f.
4
Osttiroler Bote, 7. Jg., 1952, Nr. 30, S. 8; Beitrag zu Aus-
stellung der Künstler Osttirols.
5
Osttiroler Bote, 4. Jg., 1949, Nr. 30 (21. Juli), S. 3.
6
Inserat in: Osttiroler Bote, 5. Jg., Nr. 38, S. 15.
7
Hans L
ADSTäTTER
, Die Schwaigen auf der Ladstatt, in: Ost-
tiroler Heimatblätter, 37. Jg., 1969, Nr. 8, 10, 11.
8
Hans L
ADSTäTTER
, Chronik von St. Jakob in Defereggen
(Ortschroniken, hrsg. vom Tiroler Landesarchiv, Nr. 31),
Innsbruck 1977, S. 39.
9
Bericht über Kirchenkonzert in St. Veit i. D. in: Lienzer
Nachrichten, Jg. 1925, Nr. 34, S. 8.
10
Schriftliche Mitteilung über verschiedene Familienmit-
glieder von Harald Ost, Wien, Schwiegersohn von Oskar
Ladstätter (März 2001).
11
H. Ost (wie Anm. 10).
12
Bericht in: Osttiroler Bote, 12. Jg., 1957, Nr. 33, S. 2f.
13
Inserat in: Osttiroler Bote, 4. Jg., 1949, Nr. 33, S. 15.
14
Inserat in: Osttiroler Bote, 7. Jg., 1952, Nr. 50, S. 12.
15
Schriftliche Auskunft von Kustos Dr. Lois Ebner, Museum
der Stadt Lienz Schloss Bruck (10. Oktober 2000).
16
Bericht in Osttiroler Bote, 17. Jg., 1962, Nr. 45, S. 19.
17
H. Ost (wie Anm. 10).
18
Gertrud F
RIEDEL
, Siedlungsgeographie des Defereggen-
tales, Phil.-Diss., MS, Innsbruck 1937, S. 155. Die Groß-
rotte hatte im Jahr 1821 – 343 Ew. in 42 Häusern; Tiroler
Landesarchiv, Liber animarum 1770 (Film 1050/5 St. Veit.
Die Großrotte umfasste damals 470 Ew. in 38 Häusern,
dabei auch Doppelhäuser.
19
Bozen, Staatsarchiv, Kirchenbauakten St. Jakob i. D.
20
Viktor L
ADSTäTTER
, Exkursion ins Defreggen. Periodische
Abwesenheit und Heimatverlust: Defregger Wanderhandel,
gegenreformatorische Protestantenvertreibung und moder-
ner Tourismus, in: Hartmut Heller (Hg.), Matreier Gesprä-
che zur Kulturethnologie 2005. Raum-Heimat – fremde
und vertraute Welt (Schriftenreihe der Otto-König-Gesell-
schaft), Wien 2006, S. 163-205.
21
Ludwig von H
öRMANN
, Tiroler Volkstypen, Wien 1877,
S. 236-247
22
Benno R
UTZ
, St. Sigmund im Pustertale. Geschichte und
Beschreibung, o. O. 1920, S. 104.
23
Joseph R
OHRER
, Uiber die Tiroler. Ein Beytrag zur Oester-
reichischen Volkskunde, Wien 1796, S. 52-57.
24
Schreiben von Dr. Renata Piskova, Direktorin des Staat-
lichen Bezirksarchivs in Jihlava an Peter Bichler Society for
Textile-Art-Research (24. Oktober 2013).
25
Beitrag zum 100. Geburtstag des Gründers in: Tiroler
Anzeiger, 26. Jg., 1933, Nr. 217, S. 6.
26
Innsbrucker Nachrichten, 60. Jg., Nr. 210 (13. September
1913), S. 4.
27
Innsbrucker Nachrichten, 59. Jg., 1912, Nr. 178, S. 4.
28
Lienzer Zeitung, 29. Jg., 1914, Nr. 89, S. 6-7.
29
Viktor L
ADSTäTTER
, Eine Erinnerung an zwei Defregger Berg-
steiger, in: Osttiroler Heimatblätter, 70. Jg., 2002, Nr. 7-8.
30
Informationen aus seiner Familien- und Firmenchronik von
Josef Oberwalder persönlich übermittelt; er lebte in
Domzˇale (1931-2013).
31
Matjaz B
ROJAN
, Slamnata sled Domzˇal, Domzˇal 2012.
32
Bozen, Südtiroler Landesarchiv, Sterbebuch Bruneck, fol.
149 (Eintragung vom 4. November 1827).
33
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv (TLA), Pfarrmatrikel
St. Jakob i. D. (Siehe Tauf-, Sterbe- und Heiratsbücher).
34
Karl P
FAUNDLER
, Beschreibung der Wallfahrtsorte in Tirol
und Vorarlberg, Innsbruck 1846, S. 247.
35
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, Protokoll und Notlbuch
Windisch-Matrei 1743, fol. 99.
36
Der ältere weichende Bruder Jakob kauft laut Verfachbuch
Windisch-Matrei, fol. 1254, am 17. September 1856 das
Jarglgut von den Brüdern Jakob und Valentin Ladstätter von
Unterweisen.
37
Bericht über den Todesfall in Lienzer Nachrichten, Jg. 1913,
Nr. 52, S. 5.
38
Anton Ladstätter erwirbt das Gut laut Verfachbuch Win-
disch-Matrei im TLA, fol. 507, am 5. August 1854.
39
TLA, Pfarrmatrikel (wie Anm. 33).
40
Bozen, Südtiroler Landesarchiv, Trauungsbuch Pfarre Mais/
Meran, 1918, fol. 106.
41
TLA, Pfarrmatrikel (wie Anm. 33).
42
H. Ost (wie Anm. 10).
43
TLA, Pfarrmatrikel (wie Anm. 33).
44
Hausierbuch von Anton Ladstätter gültig bis 1864
(Sammlung Viktor Ladstätter).
45
TLA, Verfachbuch Windisch-Matrei, fol. 507, Eintragung
vom 5. August 1854.
46
TLA, Verfachbuch (wie Anm. 45), fol. 743, Eintragung
vom 31. Juli 1865.
47
TLA, Verfachbuch (wie Anm. 45), fol. 211, Eintragung
vom 13. Juli 1880.
48
Sterbebild Bernhard Tegischer (Sammlung Viktor Ladstät-
ter).
49
TLA, Pfarrmatrikel (wie Anm. 33), Familienbuch.
50
TLA, Verfachbuch (wie Anm. 45), fol. 163, Eintragung
vom 12. August 1883.
51
Aufzeichnungen vom Enkel der Maria Ladstätter (geb. 1860),
Adolf Ladstätter, geb. 1934 in Graz, lebt in Schweden.
52
TLA, Pfarrmatrikel (wie Anm. 33), Angaben nach der
offiziellen Zählung des Jahres 1890.
53
TLA, Verfachbuch (wie Anm. 45), fol. 555f., Eintragung
vom 30. April 1905.
54
H. Ost (wie Anm. 10).
55
H. Ost (wie Anm. 10).
56
125 Jahre Tirolerbund 1863 – 1988, hg. vom Tirolerbund
Wien mit dem Verband der Südtiroler, Wien 1988, S. 17,
21.
kaufte Anton seinen Besitz in der Pötsch an
Christine Santner.
53
Der unmittelbare Ver-
käufer scheint sein gleichnamiger Sohn
Anton gewesen zu sein, da im Kaufvertrag
steht, dass die Tante Theres in der Kuchl-
kammer lebenslang Herberge bekomme. Sie
starb im Jahr 1907. Laut Zeitungsbericht zog
er schon 1904 zu seinen Söhnen nach Wien
und starb dort am 3. Juni 1913.
Wir kommen zum Vater von Oskar
namens Jakob Ladstätter (1868-1927) und
seinen vier Geschwistern. Sein um neun
Jahre älterer Bruder Anton (1859-1924)
war der Begründer der Hutfabrik in Wien
in den 1890er-Jahren. Etwas später wird
dann Oskars Vater Jakob Ladstätter Teil-
haber an der Hutfabrik. Mittätige in der
Firma waren auch Bruder Josef (1866-
1904) und die Schwestern Theres (1863- ?)
und Ursula (1865- ?).
54
Es war also ein
Bericht über Tod und Bestattung von
Jakob, Vater von Oskar Ladstätter, in den
Lienzer Nachrichten vom 28. Jänner
1927.
Rep.: Viktor Ladstätter
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Viktor
Ladstätter, Swarovskistraße 10a, A-6130
Schwaz bzw. Innerrotte 25, A-9963 St. Jakob
i. D.; E-Mail:
viktor@ladstaetter.orgManuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail:
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