Ein Glas Wasser
Gerne erzählt der 31-Jährige
auch über den großen Zusam-
menhalt innerhalb seiner Fami-
lie und Nachbarn in Ägypten.
„Meine Eltern und Geschwister
mit Familien leben zwar alle in
getrennten Wohnungen, aber
trotzdem in einem Haus.
So kommt es, dass jede
Mahlzeit gemeinsam einge-
nommen wird.“ Im wahrsten
Sinne des Wortes. „In der
Mitte steht eine große Schüssel
Reis, jeder hat sein Stück
Fleisch in der Hand, überall ste-
hen Soßen, aber es gibt keine
Teller für jeden einzelnen.
Auch steht nur ein großes Glas
Wasser auf dem Tisch, aus dem
jeder trinkt. Das ist bei uns
ganz normal und schön. Ebenso
wird bei uns viel gelacht. Wir
bekommen auch viel Besuch
von überall her. Das Haus ist
stets voller Leben“, schmunzelt
Mohamed, der mit Tamara und
Elias mittlerweile in Lienz lebt.
Martina Holzer
meiner Heimat auch keine
Altersheime, weil die Eltern
bei den Kindern bleiben und
von ihnen versorgt werden, bis
sie sterben. Von den geringen
Pensionen können die Men-
schen ja gar nicht leben.“
Ramadan
Mohamed wuchs auf einem
kleinen Bauernhof auf, den es
noch heute gibt. „Das Leben auf
dem Land ist natürlich ein biss-
chen leichter als in der Stadt mit
ihren 16 Millionen Einwohnern
in der Metropolregion.“
Das Leben leichter macht für
ihn auch Gott. Mohamed ist für
Menschen in unseren Breiten
sehr gläubig. Immerhin betet er
schon alleine fünf Mal am Tag
und hält sich strikt an die Re-
geln des Ramadans, des neun-
ten Monats des islamischen
Mondkalenders und des islami-
schen Fastenmonats. Derzeit ist
es wieder soweit: Noch bis 30.
August isst und trinkt Moha-
med nur in der Zeit von 20.30
bis 5 Uhr und hält noch einige
andere Regeln ein, die der Fa-
stenmonat vorgibt. „So ist der
Ramadan auch dafür da, den
Menschen wieder verstärkt be-
wusst zu machen, wie das Ge-
fühl des Hungerns ist, um das
Leid der tatsächlich Hungern-
den erahnen zu können.
Wir kümmern uns in meiner
Heimat während dieser Zeit
auch verstärkt um arme Leute.“
Für übersteigert religiös hält
sich der 31-Jährige aber nicht:
„Nein, nein. Ich bin nicht be-
sonders gläubig. Da gibt es an-
dere als mich. Sie beten zehn
Mal am Tag.“
REPORTAGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2011
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Mohamed als junger Bursche.
Moha-
meds
Eltern
Napauia
(l.) und
Zakaria.
Der 31-Jährige mit Schwester Lamia.
„Fühle mich fit“
„Während des Ramadans fühle
ich mich besonders ft. Der Kör-
per dankt es einem, wenn man
ihn mal ‚in Ruhe’ lässt“, meint
er, der das gesamte Jahr als Mos-
lem unter anderem auch keinen
Tropfen Alkohol sowie kein
Schweinefeisch anrühren darf.
Ein bisschen schade fndet er es
allerdings, dass es in Osttirol
kaum Moslems und auch keine
Moschee gibt. „Aber das macht
nichts. So fahre ich eben manch-
mal nach Innsbruck. Arg
schmerzt es ihn allerdings, mit-
anschauen zu müssen, wie sein
Glaube für Terrorzwecke miss-
braucht wird. „Ich verabscheue
diese so genannten Moslems, die
auf unserer Welt nur ein Blutbad
anrichten und somit dafür sorg-
ten, dass auch ‚gute’ Moslems
viel Verachtung in aller Welt in
Kauf nehmen müssen.“
Elias
Mohamed und Tamara haben
auch einen gemeinsamen Sohn
namens Elias (3). Aufgezogen
wird er römisch-katholisch.
„Mir ist es völlig egal, für wel-
chen Glauben sich Elias später
einmal entscheiden wird. Das ist
sein Leben. Ich kann ihm nicht
vorschreiben, an was er zu glau-
ben hat. Allerdings spreche ich
mit ihm nur arabisch“, schmun-
zelt Mohamed. Seine Tamara ar-
beitete früher auch als Kellne-
rin. „Jetzt macht sie einen Com-
puterkurs, weil sie wegen
unserem Sohn einen familien-
freundlicheren Job haben
möchte.“ Tamara war mittler-
weile schon viele Male in der
Heimat ihres Mannes. „Ägypten
gefällt ihr wunderbar. Und mit
meiner Familie versteht sie sich
auch sehr gut. Anfangs lief die
Kommunikation allerdings nur
mit Händen und Füßen, jetzt
kann Tamara schon ein bisschen
arabisch“, ist Mohamed stolz.
r einemDach leben