INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MÄRZ/APRIL 2011
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Frau Jud, wie würden Sie Ihr
Leben als Clownfrau beschrei-
ben?
Jud:
„Es ist ein faszinieren-
des, schillerndes Leben. Man
genießt als Clown eine gewisse
Freiheit und bekommt viel Le-
bensfreude.“
Man braucht sicher auch
Mut zum Clownsein.
Jud:
„Ja, am Anfang sicher.
Natürlich wird man auch oft
schräg angeschaut und natürlich
macht man manchmal auch Sa-
chen, bei denen andere Leute
fünf Gläser Wein brauchen,
bevor sie so reden oder sich öff-
nen würden.“
Werden Sie als Clown von
den Menschen ernst genom-
men?
Jud:
„Früher hatte ich das Ge-
fühl, dass mich die Leute nicht
so ernst nehmen, weil ich eben
die Leute gerne zum Lachen
bringe. Mittlerweile weiß ich
sehr wohl, wie ich mich verhal-
ten muss, um ernst genommen
Wie fühlt man sich als Clown
den ganzen Tag so?
Jud:
„Ich glaube, so wie jeder
andere Mensch auch. Vielleicht
habe ich im Laufe meines Clown-
Daseins allerdings gelernt, etliche
Dinge nicht ganz so tragisch oder
dramatisch zu sehen.“
Also ist die Clownerie auch
eine gute Lebensschule?
Jud:
„Total. Es ist eine Arbeit,
lernt, ist wirklich in sich hinein-
zuschauen, sehr ehrlich zu sein,
gut zu spüren, was man ist, wo
man gerade steht, wo die eige-
nen Schwächen sind.“
Ist man als Clown auch im
Alltag ein Clown?
Jud:
„Die Leute sagen mir,
dass ich auch im täglichen
Leben sehr oft clownesk rea-
giere. Beispielsweise grimas-
komme ich imAlltag auch wie-
der auf den Boden herunter, bin
auch eine ernsthafte, stille Per-
son.“
Gibt es auch Tage, an denen
Ihnen als Clownfrau die Moti-
vation für einen Auftritt fehlt?
Jud:
„Ja, die gibt es. Aber
Gott sei Dank ist es bei mir so,
dass ich, sobald ich mich an-
fange zu schminken und auf die
Bühne komme, die Motivations-
losigkeit schlagartig weg ist.
Egal, welchen Kummer ich
habe. Und es geht mir nach dem
Auftritt jedes Mal sehr viel bes-
ser. Ich fühle mich, als würde
ich auf einer Wolke schweben!“
Wenn Sie Menschen erzäh-
len, dass Sie von Beruf Clown
sind, wie reagieren sie im All-
gemeinen?
Jud:
„Ganz viele machen
große Augen. Meistens sage ich
aber, dass ich Künstlerin bin.
Sehr viele können mit meinem
Clownsein einfach nichts anfan-
gen. Sie stellen einen sofort auf
die Schiene Kinder und Zirkus
und Fasching.“
Was sagt Ihre Familie in
Innichen dazu, dass Sie
Clownfrau geworden sind?
Jud:
„Meine Mama war zu-
erst entsetzt. Sie hatte schon
Sorge, dass sie mich ein Leben
lang unterstützen muss. Für sie
war es einfach nicht leicht, zu
zu werden, auch wenn ich viel
lache oder Dinge so sage, dass
man darüber lachen muss.“
bei der man sich auch sehr viel
mit sich selbst auseinanderset-
zen muss. Das erste, was man
siere ich sehr viel, bin sehr oft
offen und sage ganz viele Sa-
chen sehr direkt. Natürlich
akzeptieren, dass ich meinen Job
als Lehrerin aufgab. Als sie mich
allerdings einmal auf der Bühne
sah, als ich in Innichen auftrat,
verlor sie ihre Bedenken. Viel-
leicht ist sie jetzt sogar ein biss-
chen stolz, dass ich Sachen
mache, die nicht alltäglich sind.
Mein Geschwister standen
immer hinter mir. Denen gefel
seit jeher, was ich machte.“
Sie stachen also immer schon
aus Ihrer Familie heraus?
Jud:
„Ja, zuerst war ich das
schwarze Schaf, jetzt die ver-
rückte Künstlerin – aber im Po-
sitiven.“
Wie kamen Sie zur Clowne-
rie?
Jud:
„Über eine Anzeige der
‚Rote Nase Clowndoctors‘ in
einer Zeitung. Sie suchten wei-
tere Clowns für die Arbeit im
Krankenhaus. Das interessierte
mich, und ich bewarb mich um
eine Teilnahme an einemWork-
shop. Ich wurde glatt genom-
men. Seitdem hat mich das
Clownsein nie mehr wieder los-
gelassen, und ich mache stetig
Workshops zur Weiterbildung.“
Helga Jud ist
eine leiden-
schaftliche
Clownfrau.
Die Innichnerin mit ihrem Partner Manfred
im Stück Rotkäppchen und rechts in der
Hochzeitsshow.
Helga Jud aus Innichen ist schon seit
vielen Jahren mit Leib und Seele
Clownfrau. Für ihre Berufung hängte
die heute 42-Jährige ihren Lehrerjob
an der Mittelschule in Sterzing an
den Nagel. Die quirlige Puster-
talerin im „PVT“-Interview.
„Clownfrau zu sein ist faszini