ZEITZEUGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2018
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ofen. Im Haus waren auch die
Großeltern. Da krachte eine
Bombe ins Haus. Dabei hob
es die betonierte Kellerstiege
auf, und wir konnten dann nicht
mehr raus und alles war voller
Rauch, weil der Ofen im Keller
eingeheizt war. Über ein kleines
unvergittertes Fenster im Keller
schafften wir es aber letztendlich
wieder ins Freie.“
Wurstrestl „half“
„Wir sind in den verschneiten
Wald. Meine Schwester (geb.
1941) sehe ich noch heute
vor mir. Ihr Gesicht war ganz
schwarz vom Ruß, und die Trä-
nen rollten über ihre Wangen.
Die Großmutter holte dann aus
ihrem dicken Schlafrock, den
sie anhatte, ein kleines Wurst-
restl für sie heraus. Sie strahlte
über das ganze Gesicht. Dann
kamen wir nach Weer zu einem
Bauern und hausten dann zu
viert in einem sehr kleinen,
schmalen Kammerl.“ Ihr Vater,
ein Lokführer, kam eines Tages
mit dem Benzinzug vom Bren-
ner herunter und kurz vor dem
Bergiseltunnel wurde der Strom
abgeschaltet, weil ein Angriff
bevorstand. „Mein Vater konnte
mittels Leerlauf den Zug ge-
rade noch in den Tunnel hin-
einfahren. Einmal fuhr er ge-
rade in den Hauptbahnhof
München ein, als plötzlich der
Bombenalarm losging. Alle
Leute rannten in einen unterir-
dischen Schacht. Mein Vater
versteckte sich hingegen unter
der Lok. In den Schacht krachte
dann eine Bombe. Die Men-
schen dort kamen alle ums
Leben.“
Erschießungen
in Wilten
Erika Melzer erinnert sich
auch noch an Steinbrüche in
Wilten. „Dort haben sie immer
wieder Menschen erschossen.
Als mein Vater dorthin ging
und die noch herumliegenden,
Leichenteile sah, grub er sie
ein. Um die Menschen zu
töten, wurden Geschosse ver-
wendet, die den Körper zerris-
sen.“ Die Nazis versuchten
die Namen der Opfer zudem
geheim zu halten. „Da brauchte
es oft nicht viel, dass man ohne
Gerichtsverhandlung dorthin
kam und erschossen wurde.
Kurz vor Kriegsende tötete
man auch einen Familienvater,
den sie in den Kornfeldern
aufgestöbert hatten.“
Rudolf Melzers Vater kam im
Jänner 1944 nach Landshut
(Bayern) zur Untersuchungs-
haft, dann wurde er weiter nach
Kufstein überstellt. „Zwei
Kriminelle sagten in Folge
gegen ihn falsch aus, weil sie
sich freikaufen wollten. Er
konnte sich aber dennoch sehr
gut verteidigen.“ Die letzten
Monate vor Kriegsende (1945)
brachte man ihn nach Inns-
bruck ins Gefängnis in der
Schmerlingstraße (Gefängnis
heute nicht mehr bestehend).
Hinter Gittern
„Ich kann mich noch gut er-
innern, dass er uns vom dritten
Stock aus hinter den Gittern zu-
winkte. Die dortigen Gefange-
nen waren ständig in Todesge-
fahr, weil sie bei Bombenan-
griffen nicht in den Luftschutz-
keller durften, sondern in der
Zelle bleiben mussten.“ Das
Gefängnis war in der Nähe
des Bahnhofes, ein beliebter
Angriffspunkt der Bomber.
Am 3. Mai 1945 übernahm
die äußerst aktive Widerstands-
bewegung in Innsbruck die
Stadt. „Das war in anderen
Bundeshauptstädten nicht der
Fall. Bei dieser Bewegung
waren Persönlichkeiten dabei,
die dann teils in die zukünftige
Stadtregierung kamen. Am 4.
Mai marschierten die Amerika-
ner ein. Überraschenderweise
fiel nur ein einziger Schuss.
„Den hatte ein fanatischer Nazi
abgegeben, der damit einen
Mittelschulprofessor vor dem
alten Landhaus erschoss.“ Als
der Vater nach 17 Monaten
Haft wieder zu seiner Familie
heimkehren durfte, wog er nur
mehr rund 40 Kilogramm. „Als
ein Freund ihn beim Hosen-
bund packte und fragte, warum
alles so locker sei, meinte er:
‚Das ist der deutsche Raum‘“,
schmunzelt Melzer über die
Schlagfertigkeit des Vaters.
Kommissarischer
Bürgermeister
Er wurde dann zum kommis-
sarischen Bürgermeister von
Innsbruck, und im Juli 1945 lö-
sten die Franzosen die Ameri-
kaner ab. „Mit ihnen konnte
mein Vater sehr viel ausverhan-
deln. Es waren ja etwa sehr
viele Wohnungen für die Be-
satzungssoldaten beschlag-
nahmt. Auch fehlte es überall
an Glas, die Fenster waren
durch die Bomben alle kaputt.
Auch mangelte es an Baumate-
rialien jeglicher Art, ebenso an
Lebensmitteln. „Die Amerika-
ner halfen uns auch viel - sowie
Kaiserin Zita. Sie baute von
Amerika aus Hilfsorganisation
auf.“ Am 4. April 1946 fand
dann die reguläre Bürgermei-
sterwahl statt. „Damals wurde
mein Vater zum Bürgermeister
wiedergewählt.“ Allerdings er-
krankte er an Leukämie. „Im
Krankenhaus in Innsbruck hat
er noch verschiedene Schrift-
stücke unterschrieben und seine
Gemeinderatsmitglieder bera-
ten“, so Melzer.
Isonzofront
Rudolf Melzer war Lehrling,
als der Vater am 12. März 1951
verstarb. „Er hatte schon im
Ersten Weltkrieg sehr viel mit-
gemacht, musste an der Isonzo-
front kämpfen. Sie galt als eine
der gefährlichen Fronten.“ Am
9. September 1917 wurde ihm
als junger Offizier der linke
Arm abgeschossen. „Schwer-
verletzt kam er nach Innsbruck.
Eigentlich ein Glück. Den
weiteren Kriegseinsatz hätte er
wohl nicht mehr überlebt.“
Eigentlich wollte Anton Melzer
Theologie studieren und Prie-
ster werden. „Allerdings durfte
man einarmig nicht Priester
werden. Er ist dann heim nach
Innsbruck und engagierte sich
im Invalidenbund. Damals gab
es ja Tausende von Invaliden.“
Martina Holzer
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