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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 4
Graf Leonhards letzte Lebensjahre
Immer wieder ist Leonhards Bestreben
erkennbar, die alte Grafschaft noch einmal
zusammenzuführen. Am 14. Feber 1497
kam ein von König Maximilian I., dem
späteren Kaiser, in Aussicht gestellter
Tauschvertrag zu Stande. Der Görzer trat
dem König zunächst auf zwölf Jahre die
Schlösser Cormons, Belgrado, Codroipo,
Castelnuovo, Latisana und Flambro im
Süden ab und erhielt dafür Wippach in der
Nähe von Görz und die alten görzischen
Herrschaften in Kärnten, nämlich Kirch-
heim, Oberdrauburg, Grünburg, Pitters-
berg und Moosburg.
In seinen letzten Lebensjahren erlebte
Graf Leonhard viel Kummer und manche
Enttäuschung. Außerdem wurde er von
Krankheit geplagt, wobei er Linderung in
Gastein suchte. Von dort schrieb er in
einem Brief vom Jänner 1495 an Erzher-
zog Sigmund, dass seine alte Krankheit
wieder aufgetaucht sei, die ihn „vast
blöde“ mache. Dazu kämen Verdruss und
die viele Mühe, „das wir zusambt unser
swacheit aller rue [= Ruhe] beraubt wer-
den und schier nit wissen was wir mögen
oder wo hin wir uns keren sollen“.
Der Landesfürst, Graf Leonhard von
Görz-Tirol mit den Titeln des Pfalzgrafen
in Kärnten und Vogtes der Kirchen von
Aquileia, Trient und Brixen verschied am
Palmsonntag, 12. April 1500, auf Schloß
Bruck.
Wie damals üblich, fand die Bestattung
bereits am nächsten Tag statt, die eigent-
liche Totenfeier 30 Tage später. Graf
Leonhard wurde in der Stadtpfarrkirche St.
Andrä begraben. Der Gesamterbe, König
Maximilian I., bestritt die Kosten der
Feier.
Die Meldung vom Tod des letzten Görzers
erreichte Maximilian in Augsburg, wohin der
Reichstag einberufen war. Dort in der Kirche
„Zu Unserer Lieben Frau“ ließ Maximilian
eine würdige Totenfeier inszenieren.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Posaune blasende Engel am Hauptaltarfresko „Krönung Mariens“ in der Lienzer Klos-
terkirche, gemalt von Sebastian Gerumer, um 1480. In den Posaunentüchern sind die
Wappen der Görzer und des Heiligen Römischen Reiches (schwarzer Adler auf gelbem
Grund) als Hinweis auf die Stiftung des Reichsfürsten Graf Leonhard von Görz-Tirol zu
erkennen.
Foto: Frischauf bild GesmbH, Innsbruck
Quellen und Literatur in Auswahl:
Aktenstücke im Gonzaga-Archiv im Archivio di Stato di
Mantova und im Tiroler Landesarchiv, Innsbruck, Sigmun-
diana.
Baum, Wilhelm, Leonhard, Graf von Görz. In: Neue
Deutsche Biographie 14. Bd., Berlin 1985, S. 248 f.
Beimrohr, Wilfried, Habsburg und Görz – ein stiller und
ungleicher Kampf, in: Osttiroler Heimatblätter, Jg. 67, 1999,
Nr. 12.
Beimrohr, Wilfried, Graf Leonhard von Görz und die
Wiedergewinnung der Herrschaft Lienz im Jahre 1462, in:
Tiroler Heimat 59, 1995, S. 121 – 130.
Czoernig, Carl von, Das Land Görz und Gradisca (= Görz
Österreich’s Nizza 1), Wien 1873.
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Das Leben in der Stadt des Mittelalters (= Veröffentlichun-
gen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs
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phisch-historische Klasse, Sitzungsberichte, 325. Bd.), Wien
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Pizzinini, Meinrad, Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz
1982.
Tavano, Sergio, Medioevo Goriziano 1001 – 1500
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Tavano, Sergio, Massimiliano I e Leonardo di Gorizia, in:
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Wiesflecker, Hermann, Österreich im Zeitalter Maximi-
lians I. Die Vereinigung der Länder zum frühmodernen Staat.
– Der Aufstieg zur Weltmacht, Wien-München 1999
Ammann Gert/Gürtler Eleonore/Pizzinini Meinrad/ Spo-
rer-Heis Claudia, Beiträge im Katalog zur Landesausstellung
2000, Teil Lienz „Leonhard & Paola. ein ungleiches Paar“,
Mailand 2000 (im Druck).
Maximilian ließ dem Görzer ein prunk-
volles Grabdenkmal setzen, verewigte ihn
in den Werken „Ehrenpforte“ und
„Triumphzug“ und stiftete auch eine
Jahrtagsmesse für Leonhard und Paola.
Maximilian hat wohl von vorne herein
geplant, die alte Grafschaft gänzlich um-
zubauen. Vordergörz wurde auf Tirol und
Kärnten aufgeteilt, die innere Grafschaft
um Görz existierte weiter und behielt auch
den Namen. Die Grenzen, die Maximilian
bezüglich der Grafschaften Tirol und Görz
schuf, sollten durch die Jahrhunderte bis
zum Ende des Ersten Weltkrieges gültig
sein.
Graf Leonhard von Görz-Tirol und seine Gemahlin Paola Gonzaga als Stifter am Fresko
„Tod Mariens“ des Malers Simon von Taisten in der Kapelle von Schloß Bruck, gemalt
um 1490/1496.
Foto: Frischauf bild GesmbH, Innsbruck