HB_2021_07

Um das Jahr 1900 wurden in Lienz prachtvolle Villen, vorwiegend aus Fach- werken bestehend, errichtet. Besonders her- vorgetan haben sich hierbei Baumeister und Architekten wie Viktor Rizzardi, Johann und Santo Puntel, Josef Glantschnig, Christian Fracaro, Hans Menardi, sowie der Zimmermeister Karl Mayr. Im Folgenden sollen 17 Lienzer Villen und – soweit bekannt – auch Fakten aus der Lebensgeschichte ihrer Erbauer und Bewohner näher beschrieben werden. 1. VILLA EDELRAUTE Diese Villa liegt an der Ägidius-Pegger- Straße. Ägidius Pegger war Hochalpinist, Pionier, Gründer der Lienzer Feuerwehr, erster Obmann der Sektion Lienz des Österreichischen Alpenvereins und Ehren- bürger der Stadt Lienz. Aus diesen Grün- den wurde diese Straße in den 1990er-Jah- ren nach ihm benannt. Die Villenbesitzer bevorzugten jedoch als Hausbezeichnung Rosengasse 17. Der Kaufmann Alois Pichler (1852-1913) begann 1900 mit dem Villenbau, fertiggestellt wurde er erst kurz vor seinem Tod. An der Blume Edelraute fand er wohl besonderen Gefallen und so nannte er seine Villa der Farbe der Alpen- pflanze angepasst – „Edelraute“. Oberhalb der Haustüre ließ er eine Edelraute ein- schnitzen. Ganz im Sinne ihres Urgroß- vaters wurden von Christine Wallensteiner, der jetzigen Besitzerin, links und rechts des Einganges zur Villa Edelrauten gesetzt und sogar die Hausfassade wird damit all- jährlich geschmückt. Alois Pichler ersteigerte im Jahre 1902 den Gasthof „Rößlwirt“ an der Rosengasse zurück, der sich jahrhundertelang im Familienbesitz seiner Frau Therese, geb. Mayr, befand. An dieser Stelle steht heute das Wassermann-Geschäft. Bis zur Fertig- stellung der Villa Edelraute waren im Rößl- wirt-Gebäude die Stallungen unterge- bracht. Seine Tochter Alberta (1893-1934) war die bekannte Rößlwirtin. Da Alois Pichler ohne Testament starb, erbten die vier Töchter Maria, verh. Kaplenig, Jo- hanna, verh. Zacher, Alberta, verh. Anger- mann, und Emma, verh. Wassermann, die Häuser Rosengasse 15 und die neu erbaute Villa Edelraute, Rosengasse 17. Seine älteste Tochter Anna trat als Chorfrau in den Dominikanerinnenkonvent in Lienz ein und Sohn Alois Pichler übernahm das Geschäft „Feinkost Pichler“. Die Familie Kaplenig wohnte ab 1913 bis zum Tod von Gretl Kaplenig (Tochter der Maria) in der Villa Edelraute. Gretl übernahm über Jahr- zehnte die Verwaltung der beiden Häuser und kümmerte sich um die Gartenpflege rund um die Villa Edelraute. Nach einem Teilungsvertrag wurde Frau Kaplenig Alleineigentümerin. Im April 2002 erwar- ben Helene Pedarnig und Christine Wal- lensteiner (Töchter von Elisabeth Kraler- Bergmann, geb. Wassermann) die Villa. Christine, der bereits seit 2001 die Verwal- tung des Hauses oblag, plante und führte mit ihrem Mann Dieter in den Jahren von 2004 bis 2013 den Umbau und die Reno- vierung des Hauses durch. Im Jahr 2017 verstarb Otto Kraler-Bergmann, der Vater der beiden Miteigentümerinnen. Helene Pedarnig übernahm den „Mittewalderhof“ und Christine zur Gänze die „Villa Edel- raute“. Seit 2005 sind eine Bilanzbuchhal- tungskanzlei, ein Getränkevertrieb und eine Praxisgemeinschaft im Hochparterre ein- gemietet. Im ersten Stock des Hauses teilen sich ein Architekt und die Hydrologische Untersuchungsstelle Salzburg die Büro- räumlichkeiten. Der Rest wird als Woh- nungen vermietet. Die „letzte“ alte Woh- nung wurde im Jahr 2019 auf den neuesten technischen Stand gebracht und ist inzwi- schen wieder vermietet. Christine wird NUMMER 7-8/2021 89. JAHRGANG OSTTIROLER HEIMATBLÄTTER H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “ Siegfried Papsch Villen in der Stadt Lienz Repräsentative Wohnbauten, entstanden um 1900                  Stadtplan von Lienz mit Eintragung der hervorgehobenen Villen. Bearbeitung: Dr. Maria Bodner, Lienz

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