Nummer 12/2000
68. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Besiedlung
Die romanische Besiedlung im Raum
Tilliach dürfte in diesem Hochtal gering
gewesen sein, denn sonst hätte die roma-
nisch-italienische Bevölkerung im sicher
früher und dichter besiedelten Comelicotal
ihre Weidegebiete nicht über den Karni-
schen Kamm ins Tilliacher Gebiet aus-
dehnen können.
Maria Hornung hat nun nachgewiesen,
dass die romanischen Flurnamen in Tilli-
ach gegenüber den deutschen äußerst ge-
ring sind.
1
In Cadore, jenseits des Karni-
schen Kammes, ist man heute noch über-
zeugt, dass das Tilliacher Gebiet einst eine
„welsche Rossalm“ war.
Die Hauptleistung der Urbarmachung
und Besiedlung erfolgte durch die Baju-
waren, die um 600 den Brenner über-
schritten und auch ins Pustertal eindran-
gen, wo sie mit den von Osten vordrin-
genden Slawen zusammenstießen. Zum
Schenkungsgebiet Herzog Tassilos an das
Benediktinerkloster Innichen (769) ge-
hörte wohl auch das Gebiet von Tilliach,
das über den breiten Kartitscher Sattel
leichter erreichbar war als durch die Engen
und Gräben des Lesachtales.
2
Die Schlesier-Theorie, die im 18. Jahr-
hundert aufkam, und von einer Einwande-
rung von Schlesiern im 14. Jahrhundert
behauptet, wurde durch die Sprachfor-
schung von Maria Hornung vollkommen
widerlegt.
Maria Hornung konnte nachweisen, dass
in Tilliach nur die im Heinfelser Raum ge-
bräuchlichen Wörter (Wochentagsna-
men, Jahreszeiten, Feste, Witterungs-
erscheinungen u. a.) ohne mittelhochdeut-
sche oder schlesische Einsprengungen ver-
wendet werden, wohl aber altes Wortgut,
das wir in der Zahre oder in Pladen
(Sprachinseln in Friaul) wiederfinden.
3
Zwischen 1075 und 1090 wird das Ge-
biet des obersten Gailtales als „Tillium“
bezeichnet. Die erste erhaltene urkund-
liche Nennung dieses Ortes lautet: „Die
edle Matrone Juditha übergibt durch die
Hand ihres Vogtes Otto jenes Landgut, das
sie an den drei Orten: Lionza, Tilium, das
man insgeheim Circinach nennt, und zu
Erwin Kolbitsch
Beiträge zur Geschichte von Tilliach
Blick über das Tilliacher Feld auf Obertilliach-Dorf, wo sich – wie im ganzen Tal – in
früherer Zeit der Fürstbischof von Brixen und die Görzer Grafen bzw. nach 1500 der Ti-
roler Landesfürst den Besitz an Bauerngütern teilten; Aufnahme von 1971.
Foto: M. Pizzinini