Oberkärntner Volltreffer, 10. November 2024
Von Karl Brunner
Seine liebevolle Oma war sehr gütig, erzählfreudig und widmete sich auch parapsychologischen Phänomenen, sogar ein eigener Zirkel (mit „Hexenmeister“) war im Haus regelmäßig zu Gast. Das Buch versteht sich als Fortsetzung, also als Teil zwei seines Bandes „Das Kamillentee-Haus“ (erschienen 2021). Es ist ein autobiografischer Roman, ebenso das 2022 erschienene Buch „Tiroler Knödel in Paraguay“.
Im Buch geht es um detaillierte Beschreibungen wie es für ihn zuhause („Kamillentee-Haus“) in Pflügen bei Irschen zuging, um Erinnerungen an Eltern, Großeltern, Verwandte, Bekannte und Besucher und auch um allgemeine bzw. lokale Ereignisse. Das karge Leben, Erlebnisse und Episoden, viele Spannungen und eben auch für ihn Rätselhaftes aus seiner Drautaler Heimat werden sehr lebendig präsentiert. Es geht um frühere Zeiten, die er am Bauernhof und Geburtshaus auf der Schattseite von Irschen und in der Umgebung erlebt hat. Es ist ein sehr persönliches Buch. Auch die Nach- bzw. Auswirkungen vom Krieg und der Nazi-Zeit, von der seine Familie sehr betroffen war und die er auch zu spüren bekam, spielen eine Rolle. Neugierige Fragen diesbezüglich zu stellen, war ihm verwehrt worden. Überhaupt musste er viel Negatives, Unangenehmes erfahren und erleiden.
Kurzweilig schildert er die inhaltlich sehr breitgefächerten Rückblicke: vom Mist-Radeln aus dem Stall, vom alltäglichen Polenta-Frühstück, von der Schule („Ich lernte schreiben, was für ein großes Geschenk!“), von den Büchern der Großmutter im Haus, von der Verschämtheit rund um das Thema Nacktheit („Aufklärung war absolut ein Fremdwort“), vom harten Leben der Knechte und Mägde als billige Arbeitskräfte, vom Streit mit einem Nachbarn, vom Abenteuer, auf dem „Schinaggl“ (hölzerne Zille) seines Großvaters und Sägewerkers über die Drau mitfahren zu dürfen, vom „Krautstingl-Kirchtag“ (samt Schlachtung eines Kalbes) und einen ersten Ausflug mit einem Urlauber zum Wörthersee. Im Zuge der großen Hochwasser-Katastrophe, bei der es eine Rettungsaktion für seine Großeltern aus dem Haus und einen Hubschrauberflug nach Irschen gab, ließ sich der Autor seinen erster kurzen Hubschrauberflug nach Irschen nicht entgehen. Weiters erzählt er von seiner Großmutter, als sie als Kind in den Gnoppnitz-Graben abstürzte und gerettet werden konnte.
Um Aufbahrung im Haus, Totenwache, Leichenzug drehen sich weitere Erinnerungen. Ebenso vom Rausch der ersten Liebe, von der Arbeit als Krankenpfleger. Dramatisch auch die Frühgeburt seiner Tochter mit der „Botschaft aus einer anderen Welt“. Erzählt wird auch vom Aufenthalt des jungen Prinzen Alfi von Auersperg im Jahre 1947, der – um hier in Sicherheit zu sein - im Nebengebäude in Pflügen mit seiner Erzieherin einige Zeit logierte. Der Autor wollte auch einmal wie Winnetou durch die Prärie reiten, aber daraus wurde nichts, das Pferd warf ihn ab, mit der Reiterei war es vorbei.
Ungewöhnlich auch die Begegnung mit einem indischen Guru, mit ihm wurden einige gemeinsame, schweigsame Tage auf der Almhütte verbracht. In Cannes in Südfrankreich kam es zur zufälligen Begegnung mit dem bekannten Chansonnier Charles Aznavour. Im Wiener Prater traf Gelhausen (damals Gartenbauschüler) im Zuge eines Drehtermins kurz mit Regisseur Peter Lawford, einem Schwager von J.F. Kennedy, zusammen, was er erst am Tag danach aus der Zeitung erfahren konnte. Gelhausen schreibt auch von seiner Freundschaft mit Heinz Goll, dem Kärntner Künstler, der in Klagenfurt das berühmte Wörthersee-Mandl (Brunnenfigur) geschaffen hat. Zeichnen, Malen und Schreiben waren für „Siggi“ schon von klein auf sehr wichtig. Mit dem Maler Prof. Theo Braun, bei dem er auch viel lernen durfte, verband ihn eine jahrelange Freundschaft. Gelhausen war großer Beatles-Fan, er war auch einer der allerersten Grünen und als Mitbesetzer der Hainburger Au aktiv, wo er prominente Leute wie Hundertwasser, Arik Brauer, Günther Nenning u.a. kennenlernen konnte. Es ging ihm nicht umengerangel, sondern nur um Naturschutzarbeit. Gemeinsam mit anderen, gelang es ihm, 1986 zwei Wildbäche und einen Wasserfall im Oberen Drautal zu retten. Einfühlsam und hoffnungsvoll gehalten sind auch seine Gedanken, die er - Jahrzehnte später - als Friedhofsgärtner gefasst hat. Sein Buch entstand „wie ein handgestrickter Pullover meiner Mutter“, schreibt Gelhausen, der mehrfach mit Preisen für seine Lyrik-Arbeiten bedacht wurde. „Siggis“ neuestes Buch (mit größerer Schrift; Druckbearbeitung und zwei Vorworte von Hannes Hassler) ist eine persönliche Zeitreise, enthält aber auch viel Lokal- und Zeitgeschichtliches. Altersgenossen vom Land werden darin auch so manche Parallelen in ihrem eigenen Leben entdecken können. Übrigens: das neue Gelhausen-Buch ist auf den Gemeindeämtern Dellach/Drau und Irschen erhältlich.